Britische Atom-Subventionen weit höher als gedacht

ENERGIE Studie geht von 108 Milliarden Euro aus. Klagen gegen EU werden im Juli eingereicht

BERLIN afp/taz | Die Staatsbeihilfen für das neue britische Atomkraftwerk Hinkley Point C dürften nach Einschätzung des Ökostromanbieters Greenpeace Energy weit höher ausfallen als bislang angenommen. Auf Sicht von 35 Jahren könnten sich „allein die staatlich garantierten Vergütungszahlungen“ für den Meiler auf 108 Milliarden Euro summieren, erklärte das Unternehmen am Dienstag unter Bezug auf eine Analyse des Instituts Energy Brainpool. Anfang März hatte der Ökostromanbieter von 22 Milliarden Euro gesprochen.

Im Oktober hatte die Europäische Kommission in einer umstrittenen Entscheidung Subventionen der britischen Regierung für das Atomkraftwerk gebilligt. Diese verstoßen nach ihrer Einschätzung nicht gegen die Regeln für staatliche Beihilfen und sind damit zulässig.

Verzerrung befürchtet

Ökostromanbieter, Umweltschützer und mehrere EU-Mitgliedstaaten sehen dies anders und wollen gegen die Entscheidung vorgehen. Sie befürchten Verzerrungen am Strommarkt. Greenpeace Energy erklärte am Dienstag, im Juli solle eine Klage gegen die Kommission eingereicht werden.

Der Anbieter begrüßte zugleich eine Ankündigung Österreichs, in der kommenden Woche Klage einzureichen. Zugleich forderte er den Bundestag und die Bundesregierung auf, dem Schritt zu folgen und ebenfalls gegen die Genehmigung der Beihilfen vorzugehen. Die Bundesregierung lehnt eine Klage bisher ab, unter anderem weil sie sie für wenig erfolgversprechend führt. In einer Bundestags-Anhörung hatten mehrere Experten dieser Einschätzung kürzlich widersprochen. Grüne und Linke protestieren darum gegen die Haltung der Regierung. Gegen das „Rundum-sorglos-Paket für Hinkley Point“ müsse Deutschland vorgehen, sagte Hubertus Zdebel (Linke).

Der Stromanbieter Elektrizitätswerke Schönau erklärte zudem, inzwischen hätten mehr als 171.500 Bürger in dem Fall „eine offizielle Beschwerde“ an die EU-Kommission gerichtet. Die Massenbeschwerde werde von mehr als 30 deutschen und internationalen Umweltschutzorganisationen unterstützt.

Garantie für 35 Jahre

Hinkley Point C entsteht im Südwesten Englands und soll voraussichtlich ab dem Jahr 2023 als erstes britisches Atomkraftwerk seit Jahrzehnten neu ans Netz gehen. Die Regierung in London sichert dem Betreiber unter anderem einen garantierten Stromabnahmepreis für die ersten 35 Jahre zu – das ist weit länger als beim deutschen Erneuerbare-Energien-Gesetz, das die Ökostrom-Einspeisung für bis zu 20 Jahre subventioniert. Anders als beim deutschen EEG ist zudem ein Inflationsausgleich vorgesehen, der dazu führt, dass die Vergütung immer weiter steigt. MKR