Armut und Reichtum: Mehr Jobs, größere Ungleichheit

Die Ergebnisse des Berichts der Bundesregierung liegen vor: Trotz positiver Entwicklungen ist das Armutsrisiko ist seit 2005 gleich hoch geblieben.

Wachsende Ungleichheit: Wenige besitzen immer mehr - auch in der Krise. Bild: dpa

BERLIN taz | Immer mehr Reichtum konzentriert sich in den Händen einiger Weniger, gleichzeitig sank von 2007 bis 2011 die Zahl der Arbeitslosen sowie der Hartz-IV-Empfänger deutlich – der Entwurf des 4. Armuts- und Reichtumsberichts der Bundesregierung zeichnet ein ambivalentes Bild der gesellschaftlichen Entwicklung in Deutschland.

Doch für Kontroversen sorgte in den vergangenen Tagen vor allem die wachsende Ungleichheit und die Frage, ob der Staat über die Steuerpolitik gegensteuern sollte. Die taz stellt weitere zentrale Ergebnisse des Berichts vor, der jetzt allgemein zugänglich ist.

Weniger sind arbeitslos: Die Zahl der offiziell Arbeitslosen sank von rund 3,8 Millionen Personen im Jahr 2007 auf unter drei Millionen im Jahr 2011. Entscheidend dabei ist, dass auch die Zahl der Unterbeschäftigten zurückging. 2008 gab es im Schnitt 4,8 Millionen Unterbeschäftigte, 2011 4,2 Millionen. Als Unterbeschäftigte gelten auch solche Personen, die einen Job suchen, aber wegen einer Arbeitsamtsmaßnahme nicht als offiziell arbeitslos gezählt werden.

Der Bericht identifiziert Langzeitarbeitslosigkeit als „eine der gravierendsten Ursachen für Armut“ und kann auch hier Positives vermelden: Die Zahl der Langzeitarbeitslosen sank von rund 1,73 Millionen Personen (2007) auf rund 1,06 Millionen Personen (2011).

Weniger brauchen Hartz IV: Die Zahl der erwerbsfähigen Personen, die auf die Grundsicherung Arbeitslosengeld I (Hartz II) angewiesen waren, ist gesunken. So gab es 2007 im Schnitt rund 5,3 Millionen erwerbsfähige Erwachsene, die Hartz IV bekamen. 2011 waren es 4,6 Millionen. Die Anzahl der Kinder im Leistungsbezug sank im selben Zeitraum von 1,89 auf 1,66 Millionen. Allerdings waren zwischen Anfang 2005 und Ende 2010 900.000 Personen ununterbrochen im Leistungsbezug.

Mehr Aufstocker: Gestiegen ist die Zahl derjenigen, die trotz eines Jobs auf Hartz IV angewiesen sind. Stockten im Jahr 2007 im Durchschnitt 1,221 Millionen Personen ihr Einkommen durch Sozialleistungen auf, waren es 2011 bereits 1,355 Millionen.

Anteil der Geringverdiener sinkt minimal: Im Jahr 2010 verdienten rund 23 Prozent aller Beschäftigten einen Niedrigstundenlohn von 9,54 Euro im Westen und 7,04 Euro im Osten. Dieser Wert ist leicht gesunken: 2007 traf das noch auf 24,2 Prozent aller Beschäftigten zu.

Armutsrisiko bleibt seit Jahren gleich hoch: Seit 2005 hat sich die Armutsrisikoquote bei 15 Prozent eingependelt. Kinder und alleinerziehende Mütter sind dabei überdurchschnittlich häufig von Armut bedroht.

Vermögenskonzentration wächst: Zehn Prozent der Bevölkerung verfügen inzwischen über 53 Prozent des Nettogesamtvermögens. Die untere Hälfte aller Haushalte hingegen besitzt nur knapp ein Prozent. Diese Zahlen haben in den letzten Tagen die politische Debatte geprägt. Markus Grabka, Verteilungsforscher am Institut der Deutschen Wirtschaftsforschung hält dagegen: „Diese Zahl geht vermutlich an der Realität vorbei, weil Angaben zum Betriebsvermögen nicht erhoben werden. Das aber ist die zentrale Vermögenskomponente, wie man an Unternehmerfamilien wie den Quandts oder Henkels sieht.“

Grabka erforscht seit Jahren die Vermögenskonzentration und geht davon aus, dass 61 Prozent des gesamten Vermögens in der Hand des obersten Bevölkerungszehntels liegen. Auch seine Zahl sei aber vermutlich zu niedrig angesetzt. Die 53 Prozent, von denen im Bericht die Rede sei, spiegelten zudem nicht die aktuellen Entwicklungen seit der Finanzkrise wieder. „Auch dadurch hat die Vermögensungleichheit vermutlich weiter zugenommen.“

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