Armutsrisiko in Deutschland: Alleinerziehende sind öfter arm

2,4 Millionen Kinder wachsen in einem Haushalt mit nur einem Elternteil auf. Diese Familien sind besonders stark von Armut bedroht. Ein Problem ist fehlende Betreuung.

Eine Mutter hält ihren Sohn an der Hand

Alleinerziehende haben es deutlich schwerer Foto: dpa

BERLIN afp | Alleinerziehende und ihre Kinder sind in Deutschland nach wie vor überdurchschnittlich stark von Armut bedroht. Die Armutsgefährdungsquote für Menschen in Alleinerziehenden-Haushalten lag 2016 bei 33 Prozent und damit rund doppelt so hoch wie im Bevölkerungsdurchschnitt, wie das Statistische Bundesamt am Donnerstag mitteilte.

In Deutschland lebten im vergangenen Jahr 1,5 Millionen Alleinerziehende – 200.000 mehr als noch vor 20 Jahren. Damit gibt es in rund jedem fünften Familienhaushalt nur einen Elternteil, in neun von zehn Fällen handelt es sich um eine alleinerziehende Mutter. 2,4 Millionen Kinder wachsen in einem Haushalt mit einem alleinerziehenden Elternteil auf.

Im Alltag stoßen Alleinerziehende oft auf Schwierigkeiten: „Alleinerziehende und ihre Kinder sind überdurchschnittlich häufig armutsgefährdet“, sagte der Präsident des Statistischen Bundesamtes, Georg Thiel, bei der Vorstellung des Berichts „Alleinerziehende in Deutschland 2017“ in Berlin. „Finanziell stehen sie nach wie vor oftmals schlechter da als Menschen, die in anderen Familienformen leben.“

So liegt das Pro-Kopf-Einkommen in Haushalten von Alleinerziehenden um knapp ein Fünftel niedriger als in Haushalten mit zwei Erwachsenen. Zwei Drittel der Menschen in Alleinerziehenden-Haushalten (63 Prozent) hatten 2016 nicht die finanziellen Mittel, unerwartete Ausgaben von etwa tausend Euro zu bestreiten. Das sind mehr als doppelt so viele als im Bevölkerungsdurchschnitt, wo die Quote bei 30 Prozent liegt. Alleinerziehende sind zudem überproportional häufig von Überschuldung betroffen.

Gerade auf dem Arbeitsmarkt ist es schwierig

Gleichwohl sank die Armutsgefährdungsquote von Menschen in Alleinerziehenden-Haushalten in den vergangenen Jahren deutlich, von 37 Prozent im Jahr 2011 auf 33 Prozent (Bevölkerungsdurchschnitt: 16 Prozent) im Jahr 2016. „Die familienpolitischen Maßnahmen greifen in diesem Bereich“, sagte Thiel. Zu der positiven Entwicklung dürfte auch die gute wirtschaftliche Lage beigetragen haben.

Allerdings ist es gerade auf dem Arbeitsmarkt schwierig für alleinerziehende Mütter. 27 Prozent von ihnen waren 2017 ohne Beschäftigung. Mehr als die Hälfte davon – 55 Prozent – war aber an der Aufnahme einer Arbeit interessiert. Als Hinderungsgrund gaben die Frauen familiäre oder persönliche Gründe an, ein großes Problem sind fehlende Betreuungsmöglichkeiten für Kinder. Zum Vergleich: Von den in einer Partnerschaft lebenden nicht-erwerbstätigen Müttern wollten nur 29 Prozent eine Arbeit aufnehmen.

Insgesamt habe sich die Lage der Alleinerziehenden in den vergangenen Jahren verbessert, konstatierte Thiel. „Da ist schon viel geschehen“, sagte er und verwies unter anderem auf den Ausbau der Kinderbetreuung und bessere Angebote zur Teilzeitarbeit. Es gebe aber noch Luft nach oben: „Ich glaube, da kann noch mehr getan werden.“

Auch die Präsidentin des Sozialverbands VdK, Verena Bentele, sprach von Verbesserungen für Alleinerziehende in den vergangenen Jahren. „Trotzdem bleibt die Situation Alleinerziehender prekär.“ Bentele forderte eine bessere und bezahlbare Kinderbetreuung und familienfreundliche Arbeitszeitmodelle.

Bundesfamilienministerin Franziska Giffey (SPD) sprach Alleinerziehenden am Donnerstag „Wertschätzung und Anerkennung“ aus – und versprach weitere Unterstützung. So verwies sie auf die im Koalitionsvertrag vereinbarte Reform des Kinderzuschlags. „Er soll gerade Alleinerziehenden künftig mehr zugutekommen.“ Mit dem Gute-Kita-Gesetz investiere der Bund zudem zwischen 2019 und 2022 zusätzlich 5,5 Milliarden Euro in die frühkindliche Bildung, erklärte Giffey.

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