Artenschutz und Ökosysteme: Die Fleischfresser sterben aus

Löwen, Wölfe und Dingos sind weltweit in Gefahr – mit fatalen Folgen für Ökosysteme und den Menschen: Denn sie schützen vor schädlichen Pflanzenfressern.

In Gefahr: der Löwe. Bild: ap

BERLIN taz | Drei Viertel der weltweitweit größten fleischfressenden Tiere sind vom Aussterben bedroht. Die Dezimierung von großen Räubern wie Löwen, Wölfen oder Dingos hat bereits Folgen, die mit denen des Klimawandels gleichzusetzen sind. Dies besagt eine groß angelegte Studie, die am Freitag das Wissenschaftsjournal Science veröffentlichte.

Ursache ist die Bedeutung der Fleischfresser für ihre jeweilige Nahrungskette. Wenn weniger Raubtiere auf der Jagd sind, wächst die Population ihrer pflanzenfressenden Beute – mit schwerwiegenden Folgen für die Fauna. Die Forscher stellten zunächst fest, dass 75 Prozent des Bestandes der 31 größten Raubtiere weltweit schrumpfen, 17 dieser Arten kommen bereits auf weniger als der Hälfte ihres einstigen Verbreitungsgebiets. Viele stünden am Rande der Ausrottung, „ironischerweise gerade jetzt, wo wir lernen, welche Bedeutung sie für die Ökosysteme haben“, sagte Studienleiter William Ripple.

In dem Bericht warnen australische, US-amerikanische und europäische Wissenschaftler davor, dass unter dem Kippen der Ökosysteme auch der Mensch leide. „In Westafrika hat die lokale Bevölkerung Löwen und Leoparden nahezu ausgerottet, weil sie sich von den Tieren bedroht fühlte“, erklärt Ripple, Biologe an der Oregon State University.

Das führte zu noch gravierenderen Problemen: Die Population der Paviane stieg enorm an. Weil diese sich bevorzugt von den angebauten Früchten der Bewohner ernähren und sie stehlen, gingen „seit Beginn der Pavian-Plage viel weniger Kinder zur Schule, weil sie die Felder vor den Affen beschützen müssen“.

Die Natur leidet

Ähnliche Beispiele gibt es in Australien, wo die Zahl der Dingos dramatisch sank. Dies kam zwar den Kängurus zugute, jedoch nicht den Böden, auf denen diese vermehrt grasten. Farmer haben mittlerweile Probleme, etwas anzubauen oder ihre Nutztiere weiden zu lassen, da kaum mehr Nährstoffe in den abgegrasten Böden vorhanden sind.

Auch für die Landwirtschaft kann eine Überzahl an Pflanzenfressern gefährlich sein. In den USA litten viele Wälder unter Wildbverbiss, berichtet Janosch Arnold, Referent für Großtiere der Tierschutzorganisation WWF. „ Es ist weniger brauchbares Holz in den betroffenen Umgebungen zu finden.“ Die Raubtiere am Ende der Nahrungskette hätten für eine Ausgewogenheit gesorgt, die der Mensch nicht leisten könne: Sie bieten vielfach Schutz vor einer unkontrollierbaren Menge Pflanzenfresser.

Oft griffen die Menschen selbst ein und versuchten mit Gift oder Fallen die Raubtiere zu töten, erzählt Arnold. Der WWF setzt auf Aufklärung gegen die meist irrationale Angst vor Wölfen und ihren Artgenossen. Arnold: „Wenn die Menschen sich und ihre Herde von Zäunen geschützt wissen, verringert sich das Maß an illegalem Eingreifen deutlich.“

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