Arzneimitteltests in Deutschland: "Verpflichtung des Herstellers"

Bevor Medizinprodukte auf den deutschen Markt kommen, müssen sie getestet werden. Um neue Therapien kümmert sich die zuständige Behörde nicht. Wer dann?

"Es ist die Verpflichtung des Herstellers, seine Kunden über Risiken und Maßnahmeempfehlungen zu informieren." Bild: dpa

Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) ist die staatliche Aufsichtsbehörde, unter anderem für Brustimplantate und Stents - mit offenbar sehr begrenzten Handlungsfähigkeit, wie folgender E-Mail-Wechsel zeigt:

taz: Ist das Stenting für Hirnarterien in Deutschland erlaubt?

BfArM: Hierzu bitten wir, die entsprechende medizinisch-wissenschaftliche Fachgesellschaft zu befragen. Die Einführung neuer medizinischer Therapieansätze wird nicht behördlich genehmigt und überwacht.

Hat das BfArM auf die Veröffentlichung im "New England Journal of Medicine" oder andere Komplikationsanzeigen dahin gehend reagiert, dass es

a) - Kontakt zu behandelnden Ärzten oder medizinischen Fachgesellschaften in Deutschland aufgenommen hat, um mögliche Komplikationen/ Risiken zu erfragen;

b) - die zuständigen Landesaufsichtsbehörden auf die erhöhte Morbidität und mögliche Risiken/Komplikationen hingewiesen hat;

c) - vor dem Einsatz intrakranieller Stents gewarnt hat?

Angesichts der aktuellen Studienergebnisse wurde der verantwortliche Hersteller am 9.09.2011 zu einer Stellungnahme aufgefordert. Dieser berichtete, dass er aufgrund eigener Untersuchungen, aktueller Literaturrecherche und Auswertung der internen Dokumentationen zu dem Schluss kommt, dass das Risiko der Anwendung nach wie vor unverändert und akzeptabel sei. Die benannte Stelle bescheinigte daraufhin die bestehende Verkehrsfähigkeit des Produktes (25.10.2011), die Gebrauchsinformation wird jedoch derzeit überarbeitet. Fragen, die die Zulassungsentscheidung betreffen, bitten wir daher an die Benannte Stelle - DEKRA Certification B.V. (vormals KEMA), Utrechtseweg 310, 6812 AR Arnhem, P.O. Box 5185, 6802 ED Arnhem, Kenn-Nr. 0344 - zu richten. Es ist die Verpflichtung des Herstellers, seine Kunden über Risiken und Maßnahmeempfehlungen zu informieren.

Sind dem BfArM Fälle aus Deutschland bekannt, bei denen Patienten nach dem Einbau der Stents erkrankten/verstarben?

Ja, jedoch zeichnet sich auf Basis der hier vorliegenden Vorkommnismeldungen keine auffällige Häufung von Todesfällen im Zusammenhang mit der Anwendung dieser cerebralen Stents ab.

Befürwortet das BfArM den Einbau intrakranieller Stents weiterhin?

Die Bewertung medizinischer Verfahren gehört nicht zu den gesetzlichen Aufgaben des BfArM. Anwendende Ärzte sind in der Pflicht, sich durch ständige Fort- bzw. Weiterbildung stets auf dem neuesten Stand von Wissenschaft und Technik zu halten. Behandlungsleitlinien und Empfehlungen erarbeiten die jeweiligen medizinisch-wissenschaftlichen Fachgesellschaften.

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