Asyl für Dissidenten aus Hongkong: Peking wirft Berlin Einmischung vor

Zwei Aktivisten aus der früheren britischen Kolonie erhielten in Deutschland Asyl. Grund ist die Sorge um Chinas Einfluss auf die Justiz in Hongkong.

Demonstration neben einer Schnellstraße

Aktuell wird in Hongkong gegen Auslieferungen nach China protestiert Foto: reuters

BERLIN taz | Ein chinesischer Regierungssprecher wirft der Bundesregierung Einmischung in die Angelegenheiten Hongkongs und der Volksrepublik China vor. Zuvor war bekannt geworden, dass die Regierung in Berlin zwei chinakritischen Aktivisten aus Hongkong im Mai 2018 Flüchtlingsschutz gewährt hatte. Ray Wong Toi-yeung (25) und Alan Li Tung-sing (27) gelten als erste Bürger aus der zunehmend autoritär regierten chinesischen Autonomiezone Hongkong, die in Europa Schutz erhielten.

„Hongkong ist eine Gesellschaft, in der das Recht herrscht und die Bürgerrechte ausreichend garantiert sind“, erklärte Chinas Außenamtssprecher Lu Kang am Donnerstag vor der Presse in Peking. „Wir fordern Deutschland auf, Hongkongs Recht und Justiz zu achten und jede Art, sich in Hongkongs Angelegenheiten einzumischen und in Chinas Geschäfte zu intervenieren, zu unterlassen.“

Die Hongkonger Wong und Li gehören der inzwischen verbotenen separatistischen Partei Hong Kong Indigenous an, die sich für die Unabhängigkeit der früheren britischen Kronkolonie von der Volksrepublik China einsetzt und die Regierung in Peking damit herausfordert. Die beiden waren 2016 auf Kaution freigelassen worden, nachdem ihnen vorgeworfen worden war, bei gewalttätigen Auseinandersetzungen mit der Polizei eine führende Rolle gespielt zu haben. Die beiden setzten sich daraufhin nach Deutschland ab. Ein Mitstreiter der beiden, Edward Leung, wurde im Juni 2018 zu sechs Jahren Gefängnis verurteilt.

Ein Außenamtssprecher in Berlin sagte der Nachrichtenagentur dpa: „Wir schätzen die Menschenrechtssituation in Hongkong im Großen und Ganze als gut ein.“ Er ergänzte aber, ohne auf den konkreten Fall der beiden Aktivisten eingehen: „Gleichzeitig sorgen wir uns zunehmend über den schwindenden Raum für die politische Opposition und eine schleichende Erosion der Meinungs- und Pressefreiheit, besonders im Zusammenhang mit politischen Themen.“

In Hongkong wird derzeit heftig über ein Gesetz gestritten, dass den Behörden ermöglichen soll, auf Wunsch Pekings kriminelle Personen an die chinesische Justiz auszuliefern. Die prochinesische Mehrheit im Legislativrat dürfte das Gesetz absegnen. Während die Justiz im autonomen Hongkong bisher einen hohen Standard hatte, ist das Rechtssystem in der Volksrepublik ein Herrschaftsinstrument der Kommunistischen Partei.

Der von Berlin aus vergebene Schutzstatus an die Aktivisten drückt jetzt die international gewachsene Sorge aus, dass Hongkongs Rechtssystem seine Unabhängigkeit verliert. Hongkongs Regierung, die von Pekings Wohlwollen abhängt, hat zu dem Fall bislang nicht Stellung bezogen. Für die Finanzmetropole mit ihren sieben Millionen Einwohnern ist ein von China unabhängiges Justizsystem existenziell wichtig.

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