Asyl in Spandau: Das Dauerprovisorium

Die seit Jahren marode Flüchtlingsunterkunft in der Motardstraße in Berlin-Spandau könnte nun wirklich schließen. Das freut derzeit aber kaum jemanden.

Selten was für länger: Flüchtlingsunterkunft (außerhalb Berlins). Foto: DPA

Seit Jahren schon fordern FlüchtlingsexpertInnen ihre Schließung: die Erstaufnahme für Asylsuchende in der Spandauer Motardstraße. Nun könnte die marode Unterkunft tatsächlich bald geschlossen werden. Doch derzeit ist fast niemand so richtig glücklich damit.

Baufällig ist die inmitten eines Spandauer Industriegebiets liegende Flüchtlingsunterkunft bereits seit Jahren. 1989 für eine Nutzungsdauer von zehn Jahren eröffnet, beherbergt das aus Containern errichtete Provisorium aber bis heute Asylsuchende – allein reisende Erwachsene ebenso wie Familien mit Kindern.

Als Erstaufnahme ist die Motardstraße eigentlich für Flüchtlinge gedacht, die nach der Asylantragstellung auf die Verteilung in ein anderes Bundesland oder eine Berliner Gemeinschaftsunterkunft warten. Laut Gesetz soll das innerhalb von drei Monaten stattfinden. Doch angesichts der hohen Flüchtlingszahlen des vergangenen Jahres lässt sich die schnelle Verteilung nicht mehr durchführen. Im Durchschnitt sechs Monate verbrächten Asylsuchende derzeit in der Motardstraße, sagt Manfred Nowak vom Kreisverband Mitte der Berliner Arbeiterwohlfahrt (AWO), der die Spandauer Erstaufnahmeeinrichtung betreibt.

Wie lange die aktuell gut 500 in der Erstaufnahme lebenden Flüchtlinge dort noch bleiben können, kann auch Nowak derzeit nicht sagen. Der Mietvertrag mit dem bisherigen Eigentümer des Geländes läuft Ende September aus. Der neue Eigentümer, ein Autowaschunternehmen, habe zwar eine Vertragsverlängerung für zwei Jahre angeboten, doch die muss mit dem für die Flüchtlingsunterbringung zuständigen Landesamt für Gesundheit und Soziales (Lageso) abgeschlossen werden. „Und von dort hören wir seit Wochen nichts dazu“, so der AWO-Kreisvorsitzende. Nicht nur für die BewohnerInnen, auch für ihn ein Problem: Verträge mit Essenslieferanten und Reinigungsfirma hätten bei einer Schließung Ende September längst gekündigt werden müssen; AWO-Beschäftigte in der Unterkunft sorgen sich um ihre Jobs.

Doch auch die dem Lageso übergeordnete Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales äußert sich nur kryptisch über die Zukunft des Lagers: „Die Motardstraße bleibt Erstaufnahmeeinrichtung derzeit, aber eben nicht auf Dauer“, heißt es auf taz-Anfrage aus deren Pressestelle ungenau. Manfred Nowak ist ob dieser Ungewissheit hin- und hergerissen. „Verträglich“ sei die Unterbringung in den Uralt-Containern eigentlich nicht mehr, sagt er, einen schlechten Winter etwa überstehe die „marode Heizungsanlage“ wohl nicht. Angesichts der Unterbringung in Turnhallen oder den Tempelhofer Flugzeughangars sei die Motardstraße dennoch „besser“. Wohin die BewohnerInnen sollen, sollte die Motardstraße Ende September tatsächlich schließen müssen, weiß er nicht.

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