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AsylverfahrenPakistaner müssen jetzt nach Sachsen

Asylsuchende aus Pakistan werden derzeit nicht mehr nach Rheinland-Pfalz verteilt. Die Linke vermutet: Weil die Gerichte dort zu oft positiv entscheiden.

Lieber ein Bett in Trier als in Dresden – Geflüchtete aus Pakistan sollen in Sachsen untergebracht werden Foto: Sylvio Dittrich/imago

Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) schickt vermehrt Asylsuchende aus Pakistan nach Brandenburg und Sachsen, und nicht mehr wie bislang nach Rheinland-Pfalz. Dies geht aus der Antwort auf eine Anfrage der Linken hervor, die der taz vorliegt.

Die Linke sieht darin den Versuch, das Verwaltungsgericht (VG) Trier zu umgehen. Das VG Trier hebt ablehnende Asylentscheidungen des BAMF zum Herkunftsland Pakistan deutlich häufiger auf als Verwaltungsgerichte in anderen Bundesländern.

In Rheinland-Pfalz lag die Quote positiver Entscheidungen zuletzt (Stand September) bei 22,7 Prozent. So fiel beim VG Trier von Januar bis August etwa jede Vierte Entscheidung positiv aus. Damit lag die Quote deutlich über den Bundesdurchschnitt (15,3 Prozent). In Brandenburg lag die Quoten positiver Entscheidungen bei 5,8 und in Sachsen bei 3,5 Prozent.

Warum verteilt das BAMF Asylsuchende neu?

Die Verteilung Asylsuchender auf die Bundesländer erfolgt nach dem „Königsteiner-Schlüssel“. Er berücksichtigt dabei zwei Faktoren: Die Steuereinnahmen und die Bevölkerungszahl im Verhältnis zu anderen Ländern. Welche BAMF-Außenstellen in den Bundesländern für welche Herkunftsstaaten zuständig sind, ist in der vom BAMF erstellten Liste zur Verteilung von Asylsuchenden auf die Erstaufnahmeeinrichtungen der Bundesländer (EASY-Liste) geregelt.

Vor diesem Hintergrund hatte Bodo Ramelow (Die Linke) eine schriftliche Frage an die Bundesregierung gerichtet. In dieser hatte er gefragt, ob „vor dem Hintergrund (…), dass Geflüchtete aus Pakistan nach Entscheidungen des Verwaltungsgerichts in Trier eher einen Schutz zugesprochen bekommen würden als zum Beispiel von den Verwaltungsgerichten in Dresden“ das BAMF die Liste verändert habe.

Wenn es um die Bündelung von Fachwissen zur Beschleunigung der Verfahren geht, hätten die Verfahren in der BAMF-Außenstelle in Trier konzentriert werden müssen.

Clara Bünger, Die Linke

Die Parlamentarische Staatssekretärin im Innenministerium Daniela Ludwig (CSU) dazu erklärt, dass Änderungen der EASY-Liste „nie vor dem Hintergrund einer wie auch immer gearteten Entscheidungspraxis der Verwaltungsgerichte in den jeweiligen Ländern durchgeführt“ würden.

Rheinland-Pfalz erhält keine Asylsuchenden aus Pakistan mehr

Asylsuchende aus Pakistan würden derzeit auf die Bundesländer Nordrhein-Westfalen, Brandenburg, Niedersachsen und Sachsen nach dem Prinzip des Königsteiner Schlüssel verteilt. Das BAMF verteilt demnach derzeit keine Asylsuchenden aus Pakistan auf Rheinland-Pfalz.

Die Verteilungszahlen belegen diese Verschiebung deutlich: Während die Verteilungen nach Rheinland-Pfalz stark zurückgingen (2024: 350; zweite Hälfte 2025: 151), stiegen sie in Sachsen und Brandenburg. Die Gesamtzahl der zu verteilenden Asylsuchenden aus Pakistan war insgesamt rückläufig. Von insgesamt 522 pakistanischen Asylsuchenden seit dem 1. Juli entfielen 296 (ca. 57 Prozent) auf die beiden Bundesländer.

Diese Neuordnung sei laut der Staatssekretärin am 1. April 2025 in Kraft getreten. Die Entscheidung würde zu einer beschleunigten Bearbeitung der Verfahren führen, „da durch die Bündelung auf wenige Länder gezielt herkunftslandspezifisches Wissen in den jeweiligen Außenstellen aufgebaut wird“.

Fachwissen in Trier bereits vorhanden

Doch wie aus den Antworten hervorgeht, bearbeitet die Außenstelle des BAMF in Trier bereits seit 1997 Asylverfahren zum Herkunftsland Pakistan. Damit verfüge die Außenstelle in Trier bereits über herkunftslandspezifisches Wissen, so die Linke. Die fluchtpolitische Sprecherin der Linksfraktion Clara Bünger sagte dazu der taz: „Wenn es um die Bündelung von Fachwissen zur Beschleunigung der Verfahren geht, hätten die Verfahren in der BAMF-Außenstelle in Trier konzentriert werden müssen.“

Der anfängliche Verdacht liege auf der Hand, so Bünger. Die Entwicklung schwäche die unabhängige gerichtliche Kontrolle von Asylentscheidungen. Sie fordert „maximale Transparenz und eine Rückgängigmachung der Entscheidung, pakistanische Asylsuchende nicht mehr nach Rheinland-Pfalz zu verteilen.“

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