Atommüll-Endlagersuche: Du bist Schuld, nein du

Die Endlager-Gespräche sind gescheitert. Nun machen sich Regierung und Opposition gegenseitig Vorwürfe. Manche Grünen-Politiker begrüßen die Denkpause.

Sigmar Gabriel (l.) und Peter Altmaier erkunden die Asse. Bild: dapd

BERLIN taz | Die Konsensgespräche über die Suche nach einem neuen Atommüll-Endlager sind gescheitert. Grüne und SPD sagten am Freitag ihre Teilnahme an der nächsten, für kommenden Donnerstag geplanten Verhandlungsrunde ab. Nun schieben sich Regierung und Opposition gegenseitig die Verantwortung zu.

In einem empörten Brief machte Bundesumweltminister Peter Altmaier (CDU) dem Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin schwere Vorwürfe: Dieser habe „neue Forderungen“ aufgestellt, die hinter den bisherigen Verhandlungsstand zurückfielen, und damit „eine parteiübergreifende Einigung zum Thema Endlager torpedieren und verhindern“ wollen.

Trittin wies dies zurück. Grund für die Absage sei, dass Altmaier keinen neuen Gesetzentwurf vorgelegt und keinen Vorschlag zur Lösung der bestehenden Dissenspunkte gemacht habe. Zudem habe der Umweltminister ohne Absprache die Verhandlungsrunde erheblich ausgeweitet. „Der Kosens ist durch das nicht verabredete Vorgehen des Bundesumweltministers schwer gefährdet“, sagte Trittin.

Auf Initiative des damaligen Bundesumweltministers Norbert Röttgen (CDU) und des baden-württembergischen Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann (Grüne) hatten Vertreter von Regierung und Opposition vor einem Jahr einen „Neubeginn“ in der Endlagersuche vereinbart.

Schnell bestand Einigkeit, dass der umstrittene Salzstock Gorleben als Option dabeibleibt; allerdings sollte er wie alle anderen Standorte an den noch aufzustellenden Kriterien gemessen werden und jederzeit ausscheiden können. Offen blieb bis zum Schluss, wie viele Standorte tatsächlich unterirdisch erkundet werden, welche Sicherheitskriterien schon im Gesetz festgeschrieben werden und ob die Suche von einer neuen Behörde verantwortet werden soll.

Kompromiss nicht durchsetzbar

Nachdem die Verhandlungen im Frühjahr schon fast abgeschlossen erschienen, stockten sie seit dem Wechsel im Bundesumweltministerium – woran vermutlich beide Seiten schuld sind. In der Grünen-Spitze hat sich wohl die Erkenntnis durchgesetzt, dass der von Kretschmann ausgehandelte Kompromiss in der Partei nicht durchsetzungsfähig ist, weil er zu sehr auf Gorleben ausgerichtet ist. Vor allem aus Niedersachsen hatte es scharfe Kritik gegeben.

Im Bundesumweltministerium wiederum war der Wechsel an der Spitze der zuständigen Abteilung, die von dem ehemaligen Atomlobbyisten Gerald Hennenhöfer geleitet wird, offenbar genutzt worden, um in Gorleben weiter Fakten zu schaffen. So wurde trotz angekündigtem Baustopp weiter gearbeitet, wurden die Gorleben-Mittel im Haushalt aufgestockt und die umstrittene vorläufige Sicherheitsanalyse weitergeführt. Die von Grünen und SPD geforderten Zugeständnisse – etwa klare Ausschlusskriterien im Gesetz – konnte Altmaier intern wohl nicht durchsetzen.

Der Wille zum Konsens ist da

Beide Seiten beteuern dennoch ihren Willen, noch zu einer Einigung zu kommen. „Ich setze darauf, dass sich die Vernunft wieder durchsetzt“, sagte Altmaier im NDR. Auch Trittin versicherte, die Grünen seien weiterhin „an einem Konsens in der Endlagerfrage interessiert“.

Die aus der Gorleben-Region stammende Grünen-Europaabgeordnete Rebecca Harms begrüßte das vorläufige Scheitern hingegen. „Dass das vorliegende Gesetz nicht kommt, finde ich richtig“, sagte sie der taz. Die nun entstandene „Denkpause“ sollten alle Beteiligten nutzen, die Fehler des bisherigen Verfahrens, etwa den Zeitdruck und die fehlende Beteiligung der Öffentlichkeit, zu analysieren.

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