Atompolitik der Bundesregierung: Keine Reform von Euratom-Vertrag

Die Bundesregierung will keine Initiative für eine Reform des Euratom-Vertrags starten – trotz Ankündigung im Koalitionsvertrag.

Der Dampf eines Atomkraftwerks weht im Wind

Atompoli…äh, Wasserdampf vom Winde verweht Foto: unsplash/ Frédéric Paulussen

BERLIN taz | Es ist eine der wenigen konkreten Ankündigungen zur Atompolitik, die im Koali­tionsvertrag von Union und SPD zu finden sind: eine Reform des Euratom-Vertrags. Dessen Ziel ist die „Entwicklung von Nuklear­industrien“ in der EU. Bis heute ist er eine wichtige Grundlage für Forschungs- und Investitionsförderung von Atomtechnik.

Die Koalition werde sich „dafür einsetzen, dass die Zielbestimmungen des Euratom-Vertrages hinsichtlich der Nutzung der Atomenergie an die Herausforderungen der Zukunft angepasst werden“, heißt es im Koali­tionsvertrag. In Zukunft dürfe es „keine EU-Förderung für neue Atomkraftwerke“ mehr geben.

Praktische Konsequenzen hat diese Zusage aber nicht. „Derzeit sieht die Bundesregierung keinen Handlungsbedarf im Hinblick auf eine Einberufung einer Regierungskonferenz zur grundlegenden Überarbeitung des Euratom-Vertrages“, schreibt das CDU-geführte Bundeswirtschaftsministerium in der Antwort auf eine Kleine Anfrage der Grünen, die der taz vorliegt.

Stattdessen soll abgewartet werden, dass die EU-Kommission von sich aus eine Mitteilung zur Zukunft von Euratom vorlegt. Das SPD-Umweltministerium erklärte, diese Haltung sei mit ihm abgestimmt.

Kritik von Grünen und SPD

Bei den Grünen stößt dieses Vorgehen auf Kritik. „Mit ihrer Untätigkeit riskiert die Regierung sehenden Auges eine Niederlage“, sagte Atom­expertin Sylvia Kotting-Uhl der taz. Denn wenn die „notorisch atomfreundliche EU-Kommission“ sich erst einmal festgelegt habe, werde es „umso schwieriger, Euratom zu reformieren“.

Die Chancen für eine Überarbeitung des umstrittenen Atomvertrags sind derzeit günstig. Denn wegen des britischen EU-Austritts sind ohnehin Anpassungen nötig. Dieses Zeitfenster müsse die Regierung nutzen, „um das überkommene und rückwärtsgewandte Relikt namens Euratom zu reformieren und die Sonderstellung der Atomkraft in Europa endlich zu beenden“, fordert Kotting-Uhl.

Ähnliche Forderungen kommen auch aus der SPD, die die Ankündigung zu Euratom in den Koalitionsverhandlungen mühsam gegen die Union durchgesetzt hatte: „Ich halte es für unzureichend, in dieser Frage auf eine Initiative der EU zu warten“, sagte die SPD-Energieexpertin und Bundestagsabgeordnete Nina Scheer der taz. „Und es entspricht auch nicht dem Koalitionsvertrag, denn dort ist ein aktives Vorgehen für eine Euratom-Anpassung vorgesehen.“

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