Atompolitik: Asse wird geräumt

Der Atommüll in der Asse wird herausgeholt, das kündigte der Präsident des Bundesamts für Strahlenschutz, Wolfram König, am Freitag an. Parteien und Anti-Atom-Initiativen unterstützten das.

AufpASSEn: Schriftzug bei Wolfenbüttel nahe der Schachtanlage Asse II. Bild: ap

HANNNOVER dpa/dapd/taz | Die im einsturzgefährdeten Atommülllager Asse bei Wolfenbüttel lagernden radioaktiven Abfälle werden herausgeholt. "Wir sind gefordert, sofort loszulegen", sagte der Präsident des Bundesamtes für Strahlenschutz (BfS), Wolfram König am Freitag in Hannover, "Wir hätten gerne mehr Zeit".

Der niedersächsische Ministerpräsident Christian Wulff begrüßte die Bergungs-Ankündigung: "Wir hoffen, dass dieser Weg glückt und dass das machbar ist", sagte Wulff am Rande der CDU-Klausurtagung am Freitag in Berlin. Die niedersächsische Landesregierung begleite diesen Weg "mit aller Kraft", so Wulff weiter.

Zuvor hatte sich Bundesumweltminister Norbert Röttgen für die "vollständige Rückholung" der 126.000 Atommüllfässer ausgesprochen, die von 1967 bis 1978 in dem Salzbergwerk deponiert wurden. "Im Hinblick auf die Langzeitsicherheit erscheint die vollständige Rückholung als die bevorzugte Variante für die Stilllegung Asse", sagte Röttgender Braunschweiger Zeitung.

Das "Versuchsendlager" Asse II bei Wolfenbüttel in Niedersachsen wurde 1967 als weltweit erstes unterirdisches Atommüllendlager eröffnet. In dem ehemaligen Salzbergwerk wurde die dauerhafte Deponierung von radioaktiven Abfällen erprobt. Parallel fanden Forschungen zur Endlagerung statt. Die Schachtanlage wurde dabei wahlweise als "Endlager", "Versuchsendlager" und auch als "Forschungsbergwerk" bezeichnet.

Das Bergwerk unterstand dem Bundesforschungsministerium und wurde vom Helmholtz-Zentrum München und dessen Vorläufern betrieben. Erst seit Anfang 2009 wird es rechtlich wie eine Atomanlage behandelt. Zuständig ist seither das Bundesamt für Strahlenschutz, das dem Bundesumweltministerium untersteht.

Von 1967 bis 1978 wurden insgesamt 126.000 Fässer mit schwach und mittelradioaktivem Abfall in dem alten Salzbergwerk eingelagert, weit mehr als für Endlagerforschung notwendig war. Nach Angaben des Bundesamtes für Strahlenschutz stammten 67 Prozent der Fässer und 86 Prozent des radioaktiven Inventars letztlich aus dem Betrieb von Atomkraftwerken. Unter anderem wurden mehr als 100 Tonnen Uran, 87 Tonnen Thorium und nach Feststellungen des niedersächsischen Landtages etwa 25 Kilo Plutonium eingelagert.

Das ehemalige Salzbergwerk gilt seit langem als einsturzgefährdet. Seit 1988 wird ein stetiger Zufluss großer Mengen Salzlauge - rund zwölf Kubikmeter pro Tag - registriert. Unter Tage sind Decken von alten Abbaukammern eingebrochen, und Wände von Stollen haben sich stark verschoben. Die Atommüllfässer wurden bei der Einlagerung zum Teil einfach zu Stapeln abgekippt. Man befürchtet, dass Fässer beschädigt oder durchgerostet sein könnten. (dapd)

Greenpeace sprach sich gegen eine spätere Endlagerung des Asse-Mülls im Schacht Konrad in Salzgitter aus. Auch der NABU erklärte: "Auch Schacht Konrad ist für den speziellen Asse-Müll nicht geprüft und genehmigt." Wo die Asse-Abfälle dann auf Dauer gelagert werden könnten, sei wissenschaftlich zu erforschen. Auch der Salzstock Gorleben komme dafür nicht infrage.

Vor laxem Umgang mit dem Atommüll warnte auch auch der Vorsitzende der niedersächsischen Grünen-Landtagsfraktion, Stefan Wenzel: Bei der Rückholung müssten "höchste Sicherheitsstandards" eingehalten werden. Die als Versuchsendlager für Gorleben eingerichtete Asse sei über viele Jahre "die billige Müllkippe der Atomindustrie" gewesen.

Zudem forderte Wenzel die Einführung einer Brennelemente-Steuer zur Finanzierung der Bergung des Atommülls aus dem maroden Salzstock: "Die Verursacher und Anlieferer des Mülls müssen auch für die Kosten haftbar gemacht werden"

Die SPD warnte ebenfalls vor einer Abwälzung der Kosten auf den Steuerzahler und forderte wie die Grünen eine Brennelemente-Steuer zur Sanierung der Asse sowie des Einlagerungs-Standorts Morsleben in Sachsen-Anhalt. "Anders als CDU/CSU und FDP lehnen wir eine Bezahlung dieser Kosten durch die Allgemeinheit ab", sagte der Vize-Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion, Ulrich Kelber, am Freitag der Deutschen Presse-Agentur dpa.

Der Atomstrom werde nach der Einführung einer Brennelemente-Steuer um 0,6 Cent pro Kilowattstunde teurer, so Kelber. Da aber der Strompreis an der Börse durch teurere Kraftwerke bestimmt werde, "senkt diese Brennelemente-Steuer nur die Gewinne der Atomkonzerne, ohne Auswirkungen auf den Strompreis zu haben". Mit der Uran-Besteuerung werde der Staat zunächst knapp eine Milliarde Euro pro Jahr einnehmen, so Kelber.

Jochen Stay, Sprecher der Anti-Atom-Initiative .ausgestrahlt, fordert grundsätzliche Konsequenzen: "Die Lehre aus dem Asse-Desaster: Einen sicheren Umgang mit Atommüll gibt es nicht", so Stay am Freitag. Es sei "geradezu absurd", dass über den Weiterbetrieb der Atomkraftwerke verhandelt werde, "während die strahlenden Abfälle der Vergangenheit wieder ans Tageslicht zurückgeholt werden müssen."

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