Atomtransport nach Gorleben: Der Castor rollt

123 Tonnen Atommüll sind per Sonderzug unterwegs nach Gorleben - und wurden schon in Frankreich erstmals gestoppt. Zur Anti-AKW-Demo werden 30.000 Menschen erwartet.

Der giftige Müll rollt an: Der Castor-Transport ist in Frankreich gestartet. Bild: dpa

WENDLAND taz | Der Castor-Transport mit elf Atommüll-Behältern ist am Freitag gegen 14.20 Uhr in Frankreich gestartet. Bei Abfahrt des Zuges versuchten Umweltschützer nach Angaben eines Greenpeace-Sprechers, die Strahlung zu messen. Dazu seien unter anderem wärmeempfindliche Infrarotkameras im Einsatz gewesen. Die Ergebnisse seien noch nicht bekannt. Greenpeace hatte zuvor davon gesprochen, dass der Transport die bislang größte Radioaktivität aufweise. Der französische Atomkonzern Areva bestreitet dies, legte aber bislang auch keine eigenen Zahlen vor.

Bereits knapp zwei Stunden nach Abfahrt haben Atomkraftgegner im nordfranzösischen Caen den Transport das erste Mal blockiert. Das teilte die französische Polizei mit. Zahlreiche Gruppen und Initiativen haben für das Wochenende Proteste und Widerstand angekündigt. Für Samstag erwarten Atomkraftgegner und Polizei in Dannenberg die größte Anti-Atom-Demonstration seit Jahrzehnten. Nach Angaben der Veranstalter haben sich rund 310 Busse mit Atomkraft-Gegnern aus dem gesamten Bundesgebiet angekündigt. Erwartet werden etwa 30.000 Demonstranten, die gegen die von der Bundesregierung beschlossene Laufzeitverlängerung der Kernkraftwerke und gegen Atomkraft generell protestieren wollen.

Mit ihren Aktionen und Protesten wollen die Castor-Gegner den Atommülltransport möglichst lange verzögern. So plant die Initiative "X-tausendmal quer" auf der Transportstrecke Sitzblockaden. Die Kampagne "Castor schottern" bekräftigte am Freitag, das Gleisbett der Transportstrecke durch das Entfernen von Schottersteinen unbefahrbar machen zu wollen. "Auf jeden Fall wird noch am Sonntag mit dem Schottern begonnen", sagte ein Sprecher der Kampagne. Inzwischen haben etwa 1.500 Einzelpersonen und mehr als 280 Gruppen den Internet-Aufruf der Kampagne unterzeichnet. Die Staatsanwaltschaft Lüneburg ihrerseits kündigte an, gegen alle Unterzeichner Ermittlungsverfahren einleiten zu wollen.

"Wer Steine von Gleisanlagen abträgt und das Gleisbett unterhöhlt, um Züge zu stoppen, der macht sich wegen des Störens öffentlicher Betriebe strafbar", sagte am Freitag der Präsident der Bundespolizei, Matthias Seeger. Er kündigte an, dass die Polizei gegen Sabotage und alle anderen Formen von Gewalt konsequent vorgehen werde.

Die Polizei hat entlang der gesamten Strecke zwischen Lüneburg und Gorleben bereits ein Versammlungs- und Demonstrationsverbot erlassen. Auf einem hundert Meter breiten Korridor links und rechts des Gleises dürfen keine politischen Veranstaltungen stattfinden. Für die Sicherung des Transports sollen mehr als 16.000 Polizisten zum Einsatz kommen.

Bundesumweltminister Norbert Röttgen (CDU) rief die Atomkraftgegner am Freitag dazu auf, sich friedlich zu verhalten. Röttgen verteidigte den Castor-Transport und sagte, Deutschland sei verpflichtet, die radioaktiven Abfälle, die bei der Nutzung der Kernenergie anfielen, im eigenen Land zu entsorgen. "Wir können die Lasten der Vergangenheit nicht anderen aufbürden, für die sichere Lagerung des Atommülls sind wir verantwortlich."

In Lüchow demonstrierten am Freitag mehrere hundert Schülerinnen und Schüler unter dem Motto "Je länger eure Laufzeiten, desto größer unser Zorn" gegen den anstehenden Transport. Während die Veranstalter von 1.400 Demonstranten sprachen, schätzte die Polizei ihre Zahl auf 600 bis 800 ein. Die Schülerdemonstration gehört traditionell zu den ersten Aktionen gegen den Atommülltransport.

In der Ortschaft Metzingen nahe der Schienenstrecke blockierten am Donnerstagabend rund 200 Atomkraftgegner die Bundesstraße 216. Der Verkehr stand etwa eine Stunde lang still, mehrere Lkws steckten fest. Danach räumte die Polizei die Fahrbahn und drängte die Blockierer ab. Größere Zwischenfälle habe es dabei nicht gegeben, sagte ein Polizeisprecher.

Der Castor-Transport soll am Montagmorgen das Zwischenlager bei Gorleben erreichen. Dort stehen in einer Lagerhalle oberirdisch bereits 91 Atommüllbehälter.

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