Aufarbeitung des Wirecard-Skandals: Dubioser Aktienhandel

Im Finanzausschuss des Bundestages kommen immer neue Details zum Bilanzskandal und zur Bankenaufsicht Bafin heraus.

Felix Hufeld, Präsident der BaFin. Er ist ein älterer Mann mit kurzen grauen Haaren. Er reckt den Kopf nach oben und streckt den Hals. Seine Lippen sind zusammengepresst. Er trägt eine Brille ohne Rahmen.

Felix Hufeld, Präsident der Bafin, vor der Sondersitzung des Finanzausschusses zu Wirecard Foto: Kay Nietfeld/dpa

BERLIN taz Die Abgeordneten des Bundestags bohren weiter in der Affäre um das gescheiterte Finanzunternehmen Wire­card – und fördern neue Details zu dem größten Betrugsfall der jüngeren deutschen Wirtschaftsgeschichte zutage. Die Fragen der Mitglieder des Finanzausschusses betreffen vor allem die Rolle der Bundesregierung und ihrer Behörden.

Diese haben Wire­card auch dann noch gefördert, als längst ein klarer Verdacht auf unsaubere Machenschaften bestand. Außerdem haben sie bei der Aufdeckung der eklatanten Probleme dann offensichtlich versagt.

Statt das Ausmaß des Betrugs ans Licht zu zerren, haben die Mitarbeiter der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) anscheinend ihr Wissen um die Probleme des Unternehmens für persönliche Spekulationen genutzt – das ist jedenfalls der Eindruck, der nach den Befragungen am Montag und Dienstag entstanden ist. Die Beschäftigten der Bafin haben gerade in der Zeit, als die Verdachtsmomente sich häuften, keine Aktie so stark selbst gekauft und verkauft wie Wirecard.

Bafin-Chef Felix Hufeld sieht darin kein Fehlverhalten: Die Geschäfte der eigenen Mitarbeiter seien korrekt gemeldet worden. Die Opposition hält dennoch in diesem Bereich Reformen bei der Finanzaufsicht für nötig. Ein „instinktloses Signal“ nennt Florian Toncar, der finanzpolitische Sprecher der FDP-Fraktion, die Eigengeschäfte der Aufseher.

Untersuchungsausschuss kommt

Die Grünen, die FDP und die Linke wollen in der kommenden Woche gemeinsam einen Untersuchungsausschuss zum Thema Wirecard anschieben. Kernthema wird sein, wie die Bafin den riesigen Betrug so lange übersehen konnte. Die Behörde hatte zwar 2019 eine Untersuchung zu Wirecard angestoßen; diese wurde jedoch von einem einzelnen Mitarbeiter in einem privaten Verein übernommen. Von der Größenordnung der verschwundenen Summen erfuhr die Finanzaufsicht erst nach dem Insolvenz­antrag aus der Presse.

In den Bilanzen des Unternehmens fehlen nach derzeitigem Stand 2,8 Milliarden Euro. Die Bafin gab derweil an, für das Unternehmen nicht zuständig gewesen zu sein, weil es keine Bank ist. Stattdessen war nach ihrer Ansicht die Bezirksregierung von Niederbayern zuständig. Die Wirtschaftsprüfer von Wirecard, die Firma Ernst & Young, hatte sich mit einem Geldwäscheverdacht daher auf der Suche nach der zuständigen Stelle dorthin gewandt.

Doch eine Prüfung durch die örtlichen Beamten blieb ohne Ergebnis. Zugleich hat die Zentralstelle für Finanztransaktionsuntersuchungen (FIU) in Köln entsprechende Meldungen an das Landeskriminalamt in München weitergeleitet. Die entsprechenden Ermittlungen wurden jedoch nach nur zwei Monaten im April 2019 eingestellt.

Alle getäuscht

Bundeskanzlerin Angela Merkel hat zudem bei einer Chinareise für eine Marktöffnung für Wirecard geworben. Auch das war Thema der Sitzungen des Finanzausschusses. „Bei der Gewährung exklusiver Zugänge für Wirecard war die Regierung offensiv, obwohl sie defensiv hätte sein müssen“, beklagt sich der grüne Bundestagsabgeordnete Danyal Bayaz. Nun, bei der Aufklärung, sei sie „defensiv, obwohl sie offensiv sein müsste“.

Es sei zu leicht, auf informellem Wege kommerzielle Anliegen bei der Bundeskanzlerin einzubringen, sagt auch FDP-Finanzpolitiker Toncar. Bis zu der Chinareise sei aber auch keine Zeit für eine umfassende Prüfung gewesen. Tatsächlich haben sich auch Wirecard-Kritiker nicht träumen lassen, dass fast das gesamte Geschäftsvolumen des Unternehmens erfunden war.

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