Aufmarsch in Neumünster: Sitzen gegen Nazis

Die rechtsextreme NPD will am 1. Mai in Neumünster als zentrale Wahlkampfveranstaltung aufmarschieren. Ein Bündnis ruft zu Sitzblockaden auf.

Hat Tradition: der Neonazi-Aufmarsch in Neumünster. Bild: dpa

HAMBURG taz | Neumünster macht mobil: Denn am 1. Mai möchte die rechtsextreme Nationaldemokratische Partei (NPD) in der Kreisstadt mit einem Aufmarsch ihre zentrale Wahlkampfveranstaltung zur Landtagswahl in Schleswig-Holstein abhalten. Das gesellschaftliche Bündnis „Toleranz und Demokratie“ aus 30 Initiativen und Parteien kündigt an, im Anschluss an den 1. Mai-Umzug des DGB (10 Uhr, Großflecken) unter dem Motto „Bunt statt Braun“ mit Sitzblockaden und Aktionen dem rechten Mob den Weg zu versperren.

Kritik aus Reihen des Bündnisses muss sich Oberbürgermeister Olaf Tauras (parteilos) gefallen lassen. Tauras wird vorgeworfen, entgegen eines Beschlusses der Ratsversammlung, den Aufmarsch zu verbieten, der NPD eine kilometerlange innenstadtnahe Route zugestanden zu haben. „Es ist unverständlich, warum die Stadt ein Verbot nicht als politisches Signal angestrebt hat“, kritisiert die Neumünsteranerin Angelika Beer von der Piraten-Partei. Die Stadt hätte es auf eine juristische Auseinandersetzung ankommen lassen müssen, sagt auch der DGB-Regionsvorsitzende Ralph Müller-Beck.

„Ein Rechtsstreit hätte zumindest die Chance auf strenge Auflagen wie vor wenigen Wochen in Lübeck eröffnet“, ergänzt Peter Seeger, Chef der IG Metall Neumünster. Dort hatte das Oberverwaltungsgericht Schleswig den „Trauermarsch“ anlässlich des Jahrestages zum Bombardement Lübecks auf eine Wegstrecke von 200 Metern beschränkt.

Ein gesellschaftliches Bündnis hat dazu aufgerufen, den zentralen NPD-Wahlkampfaufmarsch in Neumünster im Anschluss an die DGB-1. Mai-Demonstration durch Sitzblockaden zu verhindern.

Sitzblockaden stellen keine Gewalt dar und sind nach einem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahre 1995 in der Regel nach dem Strafgesetzbuch keine Nötigung.

Blockierer mit politischen Motiven handeln also in der Regel nicht rechtswidrig, sondern diejenigen, die gegen sie vorgehen, so der Präsident des Landgerichts Brandenburg a. D., Hans-Ernst Böttcher.

Polizei-Infos gab es im Vorwege zum 1. Mai an diversen Schulen zum Thema Grundgesetz und Versammlungsrecht.

Tauras, der selbst auf einer „Bunt statt Braun“-Kundgebung sprechen wird, weist die Kritik zurück. „Es gab keine rechtliche Möglichkeit, das zu verbieten“, sagt sein Büroleiter Torben Pries, „sonst wäre dieser Weg beschritten worden.“ Die Stadt habe den Rechten „kein Forum“ bieten wollen, gerichtlich gegen die Stadt zu obsiegen. Zudem sei die Demonstration eine zentrale Wahlkampfveranstaltung, so dass die Hürde des Verbots um ein Vielfaches höher als bei einem normalen Aufmarsch seien. „Das Recht ist auf ihrer Seite, nun muss gesellschaftspolitisch etwas entgegengesetzt werden“, sagt Pries. „Wir müssen mal sehen, was am 1. Mai passiert.“

Für Seeger ist deshalb klar, dass es zu Sitzblockaden kommt. „Wir werden uns den Neonazis in den Weg stellen“, sagt er. Auch Piratin Beer kündigt Aktionen an. „Wir planen kreative Flashmobs“, sagt sie. Und die grüne Landtagsabgeordnete Luise Amtsberger deutet an, dass die Formel „Nazis blockieren“ ernst gemeint ist. „Na, klar haben wir uns was überlegt.“

Für Verstimmung hat zudem gesorgt, dass die Stadt der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes ein Festival am Bahnhof untersagt hat, weil der Platz der NPD vorbehalten sei, die um 12 Uhr dort mit ihrem Marsch „Wir arbeiten – Brüssel kassiert“ starten möchte. Ob es nur ein Marsch sein wird, wenn es deutlich mehr als 200 Teilnehmer werden, bleibt abzuwarten. Voriges Jahr hatten autonome Nationalisten in Husum die DGB-Kundgebung angegriffen, Infotische zerstört und einen Mensch verletzt.

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