Aufnahme verweigert: Junge Flüchtlinge vor der Tür

Sechs Tage lang wies die zentrale Erstaufnahmestelle unbegleitete minderjährige Flüchtlinge ab. Einen Schlafplatz stellte die Sozialbehörde nicht sicher.

Kein Einlass für junge Flüchtlinge. Bild: dpa

Die Erstaufnahmestelle an der Feuerbergstraße hat im August 15 minderjährige Flüchtlinge abgewiesen. Mitte August hatte die Geschäftsführung des Landesbetriebs für Erziehung und Beratung (LEB) dort für sechs Tage einen „begrenzten Aufnahmestopp“ angeordnet. Junge Flüchtlinge, die nach eigenen Angaben oder nach Einschätzung der Mitarbeiter vor Ort über vierzehn Jahre alt waren, bekamen keinen Schlafplatz. Die Sozialarbeiter hätten das Alter der Jugendliche auf Grundlage ihrer Erfahrungen eingeschätzt, so der LEB.

„Das ist eine vollkommen willkürliche Festsetzung“, sagt eine Mitarbeiterin des Infobuses für Flüchtlinge, den das Café Exil betreibt. Dort bekommen unbegleitete minderjährige Flüchtlinge vor der zentralen Erstaufnahmeeinrichtung Beratung. Einige Jugendliche hätten statt eines Schlafplatzes Zettel mit Adressen von Moscheen in die Hand gedrückt bekommen, sagt die Beraterin. Man habe die Jugendlichen im Gespräch an religiöse oder andere Einrichtungen verwiesen, bestätigt die Sozialbehörde. Allerdings wurden die entsprechenden Stellen nicht angerufen. Die Behörde sagt selbst, sie habe nicht sichergestellt, ob die Jugendlichen in anderen Unterkünften tatsächlich untergebracht werden. Es habe aber offenbar funktioniert, heißt es vom LEB. Woher man das weiß, teilt der Landesbetrieb nicht mit.

Es seien aber weder Minderjährige unter vierzehn Jahren, noch schwer traumatisierte oder kranke Flüchtlinge abgewiesen worden, so die Sozialbehörde. Ob die Jugendlichen schwer traumatisiert waren, hätten die Sozialpädagogen des Kinder- und Jugendnotdienstes entschieden.

Die Behörde begründet den Aufnahmestopp mit einer Überbelegung der Erstversorgungsstelle. Es habe einfach keine Plätze mehr gegeben. „Wir konnten nicht so schnell nachkommen“, sagt Sprecher Marcel Schweitzer.

Die Hilfsstelle Fluchtpunkt hat in diesem Jahr für mindestens fünf Jugendliche eine Inobhutnahme erstritten, die von Mitarbeitern des Kinder- und Jugendnotdienstes (KJND) als volljährig eingeschätzt wurden.

Die Einschätzung erfolgt laut Fluchtpunkt oft anhand körperlicher Merkmale wie Stirnfalten oder Körperbau.

In Zweifelsfällen werden die Jugendlichen im Institut für Rechtsmedizin einer umstrittenen Untersuchung unterzogen.

Bekannt wurde der 16-Jährige Mujib, den der KJND als volljährig eingestuft hatte. Er musste ein halbes Jahr auf eine Untersuchung warten und vor das Verwaltungsgericht ziehen. Am Schluss wurde seine Minderjährigkeit medizinisch festgestellt.

Der Stadt ist bekannt, dass immer mehr minderjährige Flüchtlinge allein nach Hamburg kommen. Waren es im letzten Jahr noch 487 rechnet die Sozialbehörde für dieses Jahr mit 720 Menschen. Darunter sind nur die gefasst, die nach einer Altersfeststellung durch Sozialpädagogen als minderjährig eingestuft werden.

Aktuell gibt es an fünf Standorten insgesamt 221 Schlafplätze für Minderjährige. Im August seien die Einrichtungen mit 296 Personen überbelegt worden, so die Sozialbehörde. In der zentralen Erstaufnahme in der Feuerbergstraße würden viele Jugendliche momentan in der Turnhalle schlafen. Auch seien mehr Betten aufgestellt worden, als für die Zimmer vorgesehen waren. In diesem Jahr sollen etwa 70 neue Plätze hinzukommen, die Hälfte davon zeitlich begrenzt.

„Die Behörde kann nicht immer stopfen und stopfen“, kritisiert Christiane Schneider von der Linken. „Und dann machen sie noch irgendeine Nothandlung.“

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