Aufwind für Paramilitär in Mexiko : Im Schatten des Drogenkriegs

Aus Bürgerwehren sind in Mexiko paramilitärische Gruppen geworden, die Kleinkriminelle ermorden. Der Senat und Menschenrechtler warnen nun vor ihrer Ausbreitung.

Von der mexikanischen Armee 2009 sichergestellt: Sechs Tonnen Kokain. Bild: dpa

SAN SALVADOR taz Der Drogenkrieg in Mexiko wird nicht nur zwischen Kartellen, der Polizei und der Armee ausgefochten. Vieles deutet darauf hin, dass aus Bürgerwehren entstandene paramilitärische Gruppen im Windschatten der allgemeinen Gesetzlosigkeit ihre eigenen Ziele verfolgen. Die Justizkommission des Senats ist davon überzeugt, dass solche Todesschwadronen das Chaos des Krieges für sogenannte soziale Säuberungen nutzen. Im Klartext: Sie ermorden Kleinkriminelle und Drogensüchtige. Der Senat hat deshalb jetzt von der Regierung verlangt, einen ausführlichen Untersuchungsbericht über paramilitärische Gruppen vorzulegen.

Menschenrechtsgruppen gehen schon lange davon aus, dass bei Weitem nicht alle der über 28.000 Morde in direktem Zusammenhang mit dem von Präsident Felipe Calderón Ende 2006 ausgerufenen Krieg gegen die Drogenkartelle stehen. Vor allem in Ciudad Juárez im nördlichen Bundesstaat Chihuahua, mit über 6.000 Morden das Zentrum der Gewalt, vermuten sie die Präsenz von Todesschwadronen.

Allein im vergangenen Jahr wurden in Chihuahua bei drei Überfällen auf Drogenkliniken mehrere Dutzend Abhängige ermordet. Im Februar hatte eine schwer bewaffnete Gruppe bei einem Schülerfest 16 Jugendliche niedergemetzelt und 13 weitere verletzt. Solche Massaker passen genauso wenig in die Logik der Drogenkartelle wie Morde an Jugendlichen, deren Leichen mit der Nachricht aufgefunden werde, es handle sich um Diebe. "Man hört hier viel über Gruppen, die die Anarchie in der Stadt nutzen, um Leute aus dem Weg zu räumen, die ihnen nicht gefallen", sagt Gustavo de la Rosa, ein Ermittler der staatlichen Menschenrechtskommission.

Kein einziger dieser Fälle ist aufgeklärt. Weder die örtliche Staatsanwaltschaft noch die Armee ermitteln. "Wir haben mit dem Militär geredet, aber sie haben keinerlei Daten", sagt Felipe González, der Vorsitzende der Justizkommission des Senats. "Eben deshalb verlangen wir jetzt Aufklärung von der Regierung."

Das Phänomen paramilitärischer Gruppen ist in Mexiko nicht neu. Drogenkartelle unterhalten längst eigene Truppen. Ähnlich wie die rechten Paramilitärs der vergangenen Jahrzehnte in Kolumbien treten sie öffentlich auf, mit eigenen Uniformen, Standarten und Logos. Sie haben militärische Ränge und eine klare Befehlsstruktur. Die Truppe des Golf-Kartells etwa trägt auf ihren Mützen und schusssicheren Westen die Abkürzung CDG (für "Cartel del Golfo"), gestickt mit weißem Faden auf grün-weiß-rotem Grund: die Farben der mexikanischen Flagge. Ihre Autos tragen CDG-Aufkleber.

Doch der Vergleich mit Kolumbien erzürnt Präsident Calderón. Anfang September hatte ihn US-Außenministerin Hillary Clinton vor den Rat für internationale Beziehungen gebracht: Mexiko gleiche dem Kolumbien der achtziger Jahre, "als die Drogenkartelle Teile des Landes kontrollierten". Barack Obama sah sich am folgenden Tag genötigt, den Vergleich seiner Außenministerin abzumildern.

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