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Konsum & DatenschutzGanz schön neugierig, diese Lidl-App. Und jetzt vor Gericht

Mit Rabatten lockt die App ihre Kund*innen, ohne sie über die Sammlung von deren Daten aufzuklären. Dagegen klagt die Verbraucherzentrale.

Tritt Lidl den Datenschutz in die Tonne? Foto: imago

Berlin taz | Auf grellem Gelb präsentiert sie Gartenmöbel in Anthrazit. Sage und schreibe 30 Prozent Ersparnis verspricht sie bei Aktivierung eines Coupons. Die Lidl-Plus-App, die laut eigenen Angaben 100 Millionen Kunden habe, muss sich seit Dienstag vor Gericht verantworten. Wegen solch unschuldiger Angebote!?

Der Vorwurf lautet, dass sich der Lebensmittel-Discounter die beworbenen ­SchnApper teuer bezahlen ließe. Ohne die Kun­d*in­nen aufzuklären, sammele die App wertvolle Daten, so der Bundesverband der Verbraucherzentrale, der Lidl verklagt.

Die Nutzung der App sei also nur vermeintlich kostenlos, wie die zuständige Referentin Rosemarie Rodden erklärt. „Im Fall von Lidl bezahlen Ver­brau­che­r:in­nen für die Nutzung der App nicht in Euro.“ Stattdessen müssten sie als Gegenleistung ihre persönlichen Daten herausrücken. Dabei verpflichtet der Verbrauchervertrag zwischen Lidl und App-Nutzer*innen das Unternehmen, den Informationspflichten nachzukommen. „Daran hat sich Lidl unserer Ansicht nach nicht gehalten“, kritisiert Rodden.

Wissbegierig und weitergabebereit

Die App gibt sich überaus auskunftsfreudig: So verspricht sie etwa in ihrem FAQ, das Leben „leichter und billiger“ zu machen. Neben erwähnten Rabattcoupons hat sie auch Rubbellose und digitale Kassenbons parat. Und nicht nur in der App präsentiert sich der Discounter kundenfreundlich. Auch auf Social Media will Lidl „Preissieger“ sein. Die Fragen der taz ließ Lidl bis Redaktionsschluss unbeantwortet.

Sie will ihre eifrigen Sparfüchse aber auch persönlich kennenlernen. In den Kontoeinstellungen fragt sie, ob man Haustiere habe, Kinder, Autos und so weiter. Sogar für die Aufteilung von Verantwortung im Haushalt interessiert sie sich! Ob es mehrere Personen im Haushalt gebe, die sich um den Einkauf kümmerten, und ob der einmal pro Woche, einmal pro Monat oder noch seltener anstehe – die Lidl-Plus-App ist von der neugierigen Sorte.

Besonders pikant für Da­ten­schüt­ze­r*in­nen dürfte die Weitergabe der Daten an Dritte sein, in deren Einwilligung die Lidl-Plus-App ihre Nut­ze­r*in­nen hineingelockt hat. Unter Umständen – welche genau, will die App nicht ausführen – sei es sogar erforderlich, Daten an Emp­fän­ge­r*in­nen in ein oder mehrere Drittländer außerhalb der EU zu übermitteln. Dazu zählen auch die besuchten Filialen, erworbene und zurückgegebene Produkte und Zeitpunkt, zu dem bezahlt wurde.

Klarheit, bitte!

Die Entscheidung darüber, ob sie ihre Kun­d*in­nen vor dieser Neugier warnen muss, will das Oberlandesgericht von Baden-Württemberg im September fällen. Der vermeintlich einfache Sachverhalt treffe auf eine komplizierte Rechtslage, erklärt der vorsitzende Richter Oliver Mosthaf. Die grundsätzliche Frage, ob Anbieter behaupten dürften, „etwas sei kostenlos, wenn es unstreitig kein Geld kostet, aber eine andere Gegenleistung zur Verfügung gestellt wird“, könne im Zweifelsfall auch dem Europäischen Gerichtshof vorgelegt werden, so Mosthaf weiter.

Für die Lidl-Plus-App, die seit 2019 immer mehr Sparfüchse auf ihren Smartphones installieren, ist es nicht das erste Mal, dass sie juristischen Ärger hat. Im Fall „Metzgerfrisch Premium Lammlachse in Gewürzmarinade“ hatte die Verbraucherzentrale im Frühjahr bereits erfolgreich beklagt, dass Preisnachlässe ausschließlich für App-Nutzer*innen galten. Seitdem soll aus den Werbeprospekten eindeutig hervorgehen, ob ein Preis nur für App-Nutzer*innen gilt. Diese Eindeutigkeit gibt es im puncto Datenschutz bisher nicht. Aber vielleicht zwingt das Gericht Lidl ja bald dazu.

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15 Kommentare

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  • Ich möchte das Verhalten von Lidl nicht schönreden, letztendlich ist das ja jedem selbst überlassen was er von sich preisgibt …..



    Wenn aber Städte und Gemeinden in unserem Land die persönlichen Daten ihrer Bürger zu kommerziellen zwecken weiter verkauft…( millionenfach) und das ohne Einverständnis derer……,,Wo‘‘ frage ich mich bleibt denn da der so hoch gelobte Datenschutz …?

    • @Dirk Bollmann:

      Die Städte und Gemiunden verkaufen Adressen, und das sind keine geheimen oder geschützten Daten. Jeder kann wenn er möchte gegen eine Gebühr Adressdaten abfragen. Früher gab es sogar Adressbücher. Alphabetisch einmal nach Namen und einmal nach Strasse geordnet. Das lohnt sich nicht mehr da die je nach Größe bis 100 € gekostet haben.

      In Dortmund Zb. brauchte man nur unter der Adresse der Haftanstalt zu schauen und wusste wer dort einsaß. ;))

  • In dieser schönen, neuen, digitalen Welt gibt es nichts umsonst. Man zahlt am Ende immer und wenn es mit den eigenen Daten ist.

  • Ich hoffe, Sie haben diesen Artikel nicht auf einem Windows 11 Rechner geschrieben. Lidl & co. sind bezogen auf Datenhunger kleine Fische gegen Microsoft/OpenAI, Google, Amazon, Alibaba, etcetc.

  • Die App gewährt dem Kunden genauso wenig gratis einen Rabatt wie diese Payback-Karten. Auch dabei geht es nur um Daten.

  • "Im Fall von Lidl bezahlen Ver­brau­che­r:in­nen für die Nutzung der App nicht in Euro.“ Stattdessen müssten sie als Gegenleistung ihre persönlichen Daten herausrücken."

    So wie bei 99,999% aller Apps. Wer das immer noch nicht weiß, dem ist echt nicht zu helfen....



    an wen die App welche Daten weitergibt, kann man übrigens alles im App Store VOR der installation nachlesen, wenn man denn möchte, auch bei der Lidl App

  • TANSTAAFL



    Wer aus lauter 'Geiz ist geil' diesen und ähnlichen Müll auf sein Telefon lädt, ist selber schuld.

  • Es wird unter der Würde mancher Leser sein, diese App zu nutzen. Wahrscheinlich kennen sich nicht mal die „Datenschützer“ aus. Die App will keinerlei persönliche Daten von mir! Ich registriere mich mit irgendeiner Mailadresse, suche meine Wunschfiliale aus und das war’s, um meine bevorzugte Butter ein paar Cent billiger zu kaufen. Da kann ich auch noch mit Apple Pay oder Girocard zahlen, ändert nichts. Der Zweck ist Kundenbindung, warum soll Lidl scharf darauf sein, auch noch meinen Namen zu kennen? So funktioniert es auch bei Edeka, Rewe und Netto, um mich mal zu outen.



    Mit dieser schlichten Wahrheit lässt sich natürlich kein Wind machen. Vulgo, kein Geld verdienen.

    • @naichweissnicht:

      Wieso, ihre Email hat eine IP-Adresse, so anonym bleiben Sie mit Ihren Apps schonmal nicht - keine Sorge Mr./Mrs. Sorglos...😉

    • @naichweissnicht:

      "Die App will keinerlei persönliche Daten von mir! "

      Die App registriert was Sie einkaufen, sie registriert, wann und wo Sie einkaufen. Das sind für Sie keine persönlichen Daten?

      "Der Zweck ist Kundenbindung, warum soll Lidl scharf darauf sein, auch noch meinen Namen zu kennen?"

      Weil sich mit Daten sehr viel Geld machen lässt? Je umfassender sie sind, um so wertvoller sind die Daten.

      Eine App da, eine da, bezahlen mit Karte, Apfelpay, da noch den Parkplatz mit einer App bezahlen, dann sind Sie schon ganz schön gläsern und für Datensammler bares Geld wert.

      • @Micha.Khn:

        Diese Daten kann man aber niemandem persönlich zu ordenen. Ohne Adresse, Geburtsdatum usw. kann man damit nicht viel anfangen. und der Datenweitergabe an Dritte muss man zustimmen. und nein Lidl gibt die Daten nicht geheim weiter.

    • @naichweissnicht:

      Um sich bei Lidl Plus zu registrieren, muss man eine Handy-Nummer angeben, die auch überprüft wird. Und es wird auf den Webseite der Eindruck erweckt, es müsse die Handy-Nummer des Handys sein, mit dem man die App später benutzt - was allerdings nicht stimmt.



      Jeder kann sich ja selbst ausrechnen, wie anonym die eigene Handy-Nummer noch ist.



      Andere Apps verlangen keine Handy-Nummer. Das ist schon ein großer Unterschied.

      • @J. Kraft:

        Man kann auch für Zb. 20 Cent eine Einweg Handynumer aus dem Internet nutzen.

    • @naichweissnicht:

      In diesem Kommentar schwingt so viel Unwissen mit ....nur weil du keinen namen angibts, heißt das nicht, dass die App den nicht auch kennt. Wenn du mal im App Store nachschaust kannst du sehen, welche Daten erfasst und weitergegeben werden, bei der Lidl App sind das Personenbezogene Daten, Finanzdaten, App Aktivitäten, Geräte-IDs. mit der Installation dieser App erteilst du ihr automatisch die Berechtigung auf diese Daten zuzugreifen und diese Daten holt sich die App von deinem Handy...also nochmal: nur weil du da keine Namen eingibst, heißt das nicht, dass die App nicht weiß wer du bist, das zu glauben ist super naiv

      "warum soll Lidl scharf darauf sein, auch noch meinen Namen zu kennen?"

      Lidl verdient mit deinen Daten Geld, indem es sie an Drittunternehmen weitergibt. Die werden schon irgendeine Verwendung für deinen Namen und deine persönlichen Informationen haben....

      • @PartyChampignons:

        Ja, Lidl sammelt mit der App ganz viele Daten, aber ohne vollständigem Namen und Adressen kann Lidl diese keiner bestimmten Person zuschreiben. Nur der App können sie diese Daten zuschreiben.