Aus für Jugendmedienschutz-Staatsvertrag: Glücklich scheitern

Der Jugendmedienschutz-Staatsvertrag wird wohl auf der Zielgerade scheitern. CDU, FDP und Linke kündigten am Dienstag eine Ablehnung an, die Landesregierung zog nach.

Friedlich ist's am Landtag – aufgenommen im Sommer. Bild: dapd

DÜSSELDORF dpa/taz | Der geplante Staatsvertrag zur Stärkung des Jugendschutzes im Internet wird nicht ratifiziert werden. Im nordrhein-westfälischen Landtag wollen neben CDU, FDP und Linken jetzt auch die Regierungsfraktionen von SPD und Grünen dem Jugendmedienschutzstaatsvertrag nicht mehr zustimmen.

NRW ist das letzte Bundesland, das den Vertrag noch ratifizieren müsste; bislang hat kein Länderparlament ihn abgelehnt. Die Abstimmung im Landtag ist für diesen Donnerstag geplant. Die Verantwortung für das Scheitern gaben Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) und Bildungsministerin Sylvia Löhrmann (Bündnis 90/Die Grünen) der CDU und der FDP. Diese hätten den Vertrag zwar ratifiziert, als sie noch die Regierung stellten, wollten nun aber dagegen stimmen. Die rot-grüne Minderheitsregierung werde für einen Vertrag, gegen den sie ohnehin Bedenken habe, nicht ihren Kopf hinhalten, sagte Kraft.

Der Staatsvertrag soll den Jugendschutz im Internet durch freiwillige Altersklassifizierungen stärken. Eltern sollen dann mit einer Jugendschutzsoftware die Angebote filtern können, die für ihre Kinder zugänglich sind. Angebote ohne Altersklassifizierung würden von dem Filter ausgeblendet, erläuterte eine Sprecherin des NRW-Medienministeriums. Quer durch die Fraktionen gibt es Kritik an der Praktikabilität und Wirksamkeit der vorgesehenen Regelung, am Gesamt-Jugendschutzkonzept – aber auch Bedenken gegen eine drohende Einschränkung der Meinungsvielfalt.

Die digitale Bürgerrechtsbewegung kann ihren Erfolg noch gar nicht so recht fassen. Alvar Freude vom AK Zensur zeigte sich am Mittwoch vorsichtig optimistisch: "Wir haben nicht damit gerechnet, dass die Novelle fraktionsübergreifend auf Ablehnung stoßen wird", so der Bürgerrechtsaktivist. "Im Vorfeld hatten wir leider oft den Eindruck, dass unsere Argumente zwar gehört, aber nicht zutreffend bewertet werden oder dass auf Grund taktischer Überlegungen eine nicht sinnvolle Entscheidung gefällt wird."

Das Aus für den Staatsvertrag hatte sich schon am Dienstag abgezeichnet, nachdem auch die CDU-Fraktion einstimmig beschlossen hatte, nicht zuzustimmen. Zuvor hatte dies bereits die FDP erklärt. Der Vertrag war allerdings noch unter Beteiligung der schwarz-gelben Koalition verhandelt worden, die bis Juli regierte.

Zuvor hatten die politischen Jugendorganisationen von CDU, SPD und FDP eine gemeinsame Erklärung für eine Ablehnung beschlossen. Auch Grüne Jugend und die Jugendorganisation der "Linken" hatten Presseerklärungen herausgegeben, in denen sie sich gegen den Staatsvertrag aussprachen.

Trotz inhaltlicher Bedenken wären die rot-grünen Koalitionsfraktionen "aus staatspolitischer Verantwortung" bereit gewesen, dem Staatsvertrag zuzustimmen, hieß es aus der SPD-Fraktion. Nachdem sich nun aber selbst "die Verursacher" von dem Vertragswerk distanzierten, seien SPD und Grüne nicht bereit, allein zuzustimmen. Angesichts des Ablehnungsblocks der anderen drei Fraktionen hätte die rot-grüne Minderheitsregierung am Donnerstag voraussichtlich ihre erste Abstimmungsniederlage im Landtag eingefahren. Die Regierung hatte Zustimmung beantragt.

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