Ausrutscher des Verteidigungs-Vize: Israeli droht mit "Holocaust"

Mehr als eine unglückliche Wortwahl: Den Palästinensern drohe ein "Holocaust", wenn sie ihren Raketenebschuss fortsetzten, sagt Vize-Minister Matan Vilnai.

Bei Israelis eigentlich verpönt: Der Vergleich mit Nazi-Deutschland. Bild: reuters

JERUSALEM taz Fast jeden Morgen ist Matan Vilnai in der "Stimme Israels" zu hören, um rechtszeitig zum Frühstückskaffee den Israelis die aktuelle Sicherheitslage zu erklären. Sehr viel schlauer wird der Hörer nicht, denn Vilnai hält sich gern in der Grauzone. Egal ob es um Geiselaustausch, Raketenbedrohung, Hamas oder Iran geht, Vilnais Standardantwort lautet fast immer gleich: "Israel wird alles unternehmen, was unternommen werden muss" - oder hat es bereits getan, je nach Lage und Thema.

Ausgerechnet ihm musste es jetzt passieren, sich zu einer mehr als unglücklichen Wortwahl hinreißen zu lassen. "Ein Holocaust" drohe den Palästinensern im Gazastreifen, wenn sie den Raketenbeschuss fortsetzten, sagte Vilnai. Arie Mekel, Sprecher des Außenministeriums, eilte umgehend zu Hilfe. Vilnai habe den Terminus "im Sinne von Desaster oder Katastrophe verstanden", versuchte er zu relativieren. Keinesfalls habe er tatsächlich einen Holocaust gemeint. Zu spät. Schon wetterte Hamas-Sprecher Sami Abu Suhri gegen die zionistischen "Neonazis, die Palästinenser töten und verbrennen wollen". In Israel gilt der vor allem bei den Palästinensern beliebte, aber auch von Kritikern der israelischen Politik im In- und Ausland bisweilen angewandte Vergleich mit Nazideutschland als Unding.

Vilnai gießt mit seiner Drohung Öl ins Feuer derjenigen, die er zu warnen versuchte. Ein Fauxpas, den ihm bei passender Gelegenheit auch seine parteiinternen Gegner aufs Brot schmieren dürften, sollte er noch einmal versuchen, die Führung der Arbeitspartei für sich zu entscheiden. Bislang blieb dem 63-jährigen Politiker, der in seiner eigenen Partei als eher uncharismatisch, blass und ohne den nötigen politischen Schwung gilt, die parteiinterne Karriere verwehrt.

Auch in der Armee, in der Vilnai immerhin 35 Jahre lang diente, erreichte er nur den zweithöchsten Rang, als er bis 1997 stellvertretender Stabschef war. Dabei hatte er sich schon während des Jom-Kippur-Krieges zahlreiche Orden verdient und später in Entebbe, wo er bei der Befreiung der entführten Air-France-Maschine mit das Kommando trug.

Zwei Jahre nachdem Vilnai seine Uniform an den Nagel gehängt hatte, berief ihn Expremierminister Ehud Barak bereits zu sich ins Kabinett, zunächst als Wissenschaftsminister. Später schloss sich der ehemalige Soldat, der das Image einer "Taube" genoss, der Gruppe an, die schon Jahre bevor Expremierminister Ariel Scharon das Kommando dafür gab, den einseitigen Abzug aus dem Gazastreifen propagierte. Der verheiratete Vater von drei Kindern ist seit Juli 2007 stellvertretender Verteidigungsminister.

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