Ausschreitungen in Spanien und Italien: Faschistisch gegen den Lockdown

In Italien und Spanien kam es am Wochenende zu gewalttätigen Protesten. Zuvor waren verschärfte Corona-Maßnahmen verkündet worden.

Spanien, Madrid: Umgefallene Mülleimer blockieren die Avenida Gran Via Foto: ap

MADRID taz/afp | Das lange Wochenende über Allerheiligen ist in Spanien von schweren Ausschreitungen geprägt. In den Nächten auf Samstag und Sonntag zogen in mehreren Städten Hunderte zumeist junge Menschen durch die Straßen. Sie riefen Parolen gegen die Anti-Covid-Maßnahmen und gegen die Linksregierung. Müllcontainer wurden zu brennenden Barrikaden, in Madrid plünderten die Demonstranten mehrere Geschäfte und zerstörten einen Laden im Stadtteil Chueca, in dem Viertel, in dem die LGTBI-Szene zu Hause ist.

Das Motto in Madrid lautete: „Wir gehen auf die Straße, das Volk hat es satt.“ Die Demonstranten warfen Steine auf die Polizei. In Barcelona flogen bengalische Kerzen. In ganz Spanien kam es in der Nacht auf Sonntag zu mindestens 46 Verhaftungen, 11 Polizisten wurden verletzt.

Spanien vefindet sich seit dem Wochenende in einer Art Lockdown. Im Rahmen eines Alarmzustands, den die Zentralregierung ausgerufen hat und der laut Parlamentsbeschluss bis Mai in Kraft bleiben soll, haben 13 der 17 autonomen Gemeinschaften, vergleichbar mit Bundesländern, ihr Gebiet für knapp zwei Wochen geschlossen. Nur wer einen triftigen Grund hat, darf hinein oder hinaus. Im Baskenland und in Katalonien wurden gar die Gemeinden abgeriegelt. In ganz Spanien gilt eine nächtliche Ausgangssperre.

Videoaufnahmen und Fotos zeigen, dass die Demonstranten vor allem aus dem Umfeld rechtsradikaler Gruppen und Hooligans der örtlichen Clubs stammen. In Madrid und Málaga riefen sie mit ausgestecktem Arm auf Deutsch „Sieg Heil!“.

Plötzlich sollen doch Linksextreme schuld gewesen sein

Die rechtsextreme Partei VOX, drittstärkste Kraft im spanischen Parlament, verteidigte die gewalttätigen Proteste am Freitag. „Es sind arbeitslose Arbeiter, Eltern, die kein Gehalt haben, um ihre Kinder zu ernähren. Gewöhnliche Spanier, die die Schnauze voll haben, eingesperrt und zum Elend verdammt zu sein“, schrieb Fraktionssprecher Ignacio Garriga auf Twitter.

Als die Partei deswegen in Kritik geriet und die Polizei ankündigte, zu ermitteln, ob die Proteste zentral geplant wurden und von wem, griff Parteichef Santiago Abascal ein. In seinen Erklärungen wurden die gewalttätigen Demonstranten plötzlich zu „Linksextremen“, „jugendlichen Immigranten“ und „eingeschleusten Provokateuren“.

Der Chef der Koalitionsregierung aus Sozialisten und Linksalternativen, Pedro Sánchez, meldete sich ebenfalls per Twitter zu Wort: „Gewalttätiges und irrationales Verhalten von Minderheitengruppen ist unerträglich. Es ist nicht der richtige Weg.“

„Gewaltbereite Randelemente“

Auch in Italien gab es Ausschreitungen. Am Freitagabend warfen einige Demonstranten in Florenz Brandsätze, Flaschen und Steine, stießen Mülltonnen um und zerstörten Sicherheitskameras. Es gab 20 Festnahmen.

Auch in Bologna gingen am Freitagabend Hunderte auf die Straße, da­runter auch Fußball-Hooligans. Einige zeigten dabei Berichten zufolge den faschistischen Gruß. Zuvor hatte es bereits in Städten wie Rom, Mailand, Neapel und Turin teils gewaltsame Proteste gegen die Coronamaßnahmen gegeben.

Innenministerin Luciana Lamorgese machte „gewaltbereite Randelemente“ für die Ausschreitungen verantwortlich.

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