Ausschuss untersucht Klinik: Parlament schaut in die Akten

Die Bremische Bürgerschaft will sich selbst ein Bild vom Früchensterben machen. Und meldete schon einmal Kritik an der Entlassung des Kinderklinik-Chefarztes an.

Ganz tief in die Klinik-Akten schauen wollen Bremens Abgeordnete. Bild: dpa

Einstimmig hat gestern die Bremische Bürgerschaft einen Untersuchungsausschuss zur "Aufklärung der Umstände der Infektionswelle" auf der Frühchen-Station im Klinikum Mitte eingesetzt. Der Antrag der Linken, die Arbeitsbelastung der ÄrztInnen und PflegerInnen stärker mit einzubeziehen, wurde abgelehnt mit der Begründung, das Thema sei grundsätzlich in dem Fragenkatalog enthalten. Die Juristin und SPD-Abgeordnete Antje Grotheer soll den Ausschuss leiten, Stellvertreter ist Björn Fecker von den Grünen.

Peter Erlanson, der als ehemaliger Krankenpfleger und langjähriger Betriebsrat mehr eigene Sachkenntnis hat als andere Abgeordnete, darf nicht in dem Ausschuss sitzen, da er als Mitarbeiter-Vertreter im Aufsichtsrat der Klinik-Holding sitzt.

Die Liste der Themen für den Untersuchungsausschuss umfasst 25 Spiegelstriche. Das geht von der "Erforschung der möglichen Ursachen für die Klebsiellen-Infektion" und diverse Hygiene-Aspekte bis hin zur "Auswirkung der Zusammenführung der Neonatologie am Klinikum Bremen-Mitte". Antje Grotheer hofft, dass die Arbeit dennoch 2012 abgeschlossen werden kann. Parallel soll es in Kürze den Bericht des Robert-Koch-Instituts über mögliche Ursachen der Infektionen und die Hygiene-Bedingungen auf der betroffenen Station geben. Der Senat hat den Justiz-Staatsrat Matthias Stauch damit beauftragt, einen Bericht vorzulegen - noch in diesem Jahr. Und der Staatsanwalt ermittelt.

Eine deutliche Kritik am Verhalten des Klinik-Holding-Chefs Diethelm Hansen formulierte der Grünen-Fraktionsvorsitzende Matthias Güldner. "Im Vorgriff auf Ergebnisse" der Untersuchung seien da schon personelle Konsequenzen gezogen worden. Er sprach dem Chefarzt der Kinderklinik Hans-Iko Huppertz seinen "Respekt" für dessen Arbeit aus - Beifall aus allen Fraktionen - und kündigte an, man werde am Ende der Aufklärung der Vorgänge diese Kündigung "so oder so" bewerten können.

Der frühere Krankenpfleger Peter Erlanson von der Linken hatte der Bürgerschaft sehr detailliert erklärt, wie eine Personalkürzung dazu verleiten kann, aufwendige Hygiene-Vorschriften zu missachten. Erlanson sprach auch davon, das die fristlose Entlassung des Chefarztes "rufschädigend" sei für die Kinderklinik. Wenn es Hinweise auf ein Fehlverhalten gegeben hätte, hätte es das Instrument einer Suspendierung gegeben. Wenn Mitarbeiter Angst vor einem Rausschmiss hätten, seien sie schlecht zur Mithilfe bei der Aufklärung zu motivieren.

Im Klinikum Links der Weser (LdW) waren im Jahr 2010 acht Vollzeit-Stellen gestrichen worden, nachdem die Neonatologie geschlossen worden war. Spezialisiertes Pflegepersonal mit Zeitvertrag wurde schlicht auf die Straße gesetzt. Die Frühchen sollten ins Klinikum Mitte, das Personal wurde eingespart.

Inzwischen sind wieder vier Frühchen in der Klinik Links der Weser aufgenommen, weil für das Klinikum Mitte ein Aufnahmestopp gilt. Personal vom Klinikum Mitte ist bisher aber nicht im LdW angekommen. Während Holding-Chef Hansen deutlich erklärt, diese Aufnahmen seien eine "Übergangslösung" für kurze Zeit, will die Gesundheitssenatorin die Wiedereröffnung der Frühchen-Station Links der Weser ernsthaft geprüft wissen. Vor zwei Jahren hatten sich die Chefärzte beider Häuser darauf verständigt, den Standort Links der Weser zu erhalten. Hansen hatte sich über das fachliche Votum hinweggesetzt in der Hoffnung, das Klinikum Mitte zu stärken.

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