Aussetzen der Schuldenbremse: Scholz will Milliarden wegzaubern

Der SPD-Finanzminister will armen Städten einen Teil ihrer alten Schulden abnehmen. Die Union lehnt das ab. Der Plan ist dennoch nicht unrealistisch.

Eine Frau läuft über die Straße. Im Hintergrund ist eine Straßenbahn zu sehen

Straßenbahn in Oberhausen Foto: Ralph Peters/imago

BERLIN taz | Ökonomisch geht es Deutschland derzeit ziemlich gut. Allerdings ist der Wohlstand ungleich verteilt – auch zwischen Bund, Ländern und Kommunen. Etwa 2.500 Städte und Gemeinden sind so hoch verschuldet, dass sie Leistungen einschränken müssen und kaum investieren können. Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) schlug deshalb vor, dass der Bund ihnen einen Teil der Lasten abnimmt.

Was ist das Problem?

Unter dem Strich erzielten Städte und Gemeinden 2019 zwar ein Plus von gut 6 Milliarden Euro. Manche Kommunen leiden aber unter hohen Sozialleistungen, geringen Gewerbesteuereinnahmen und Zinszahlungen für alte Kredite. Betroffen sind vor allem Kommunen in NRW, Rheinland-Pfalz und dem Saarland, etwa Pirmasens, Ludwigshafen, Zweibrücken, Oberhausen, Wuppertal, Hagen, Remscheid oder Herne. Laut Städtetag liegen die drückenden Altschulden bei rund 40 Milliarden Euro. Scholz’ Vorschlag: 20 Milliarden Euro übernimmt der Bund, 20 Milliarden die Länder.

Was spricht dafür?

Die Bedingungen für Millionen Menschen würden sich verbessern. Stadtverwaltungen könnten mehr in Kitas, ÖPNV, Personal oder Wohnungsbau investieren. Der Schuldenerlass wäre wie ein Konjunkturprogramm, das auch Firmen und ihren Beschäftigten dient. Deutschland könnte sich diese Schuldentilgung leisten, weil die gesamtstaatliche Schulden­standsquote unter 60 Prozent gesunken ist – unproblematisch. Mehr Geld auszu­geben könnte auch die Inflation antreiben und die Sparzinsen steigen lassen.

Was spricht gegen die Hilfe für die Städte?

Die Schuldenbremse im Grundgesetz begrenzt die Kreditaufnahme des Bundes. Scholz kann nicht mal eben 20 Milliarden Euro ausschütten. Mit Zweidrittelmehrheit müssten wohl Bundestag und Bundesrat eine Ausnahme beschließen – aber die Union weigert sich. Zudem ist es wahrscheinlich nicht damit getan, den Kommunen alte Schulden abzunehmen. Um nicht immer wieder gezwungen zu sein, neue Kredite aufzunehmen, müssten sie ihre Etats grundsätzlich in Ordnung bringen. Bevor das nicht geklärt ist, habe die Entschuldung keinen Sinn, sagen die Kritiker.

Ist der Scholz-Plan realistisch?

Der Deutsche Städtetag findet den Vorschlag gut, Unionspolitiker widersprechen. Schuldenbremse und Bundesetat ohne neue Kredite stehen für sie im Range ewiger Wahrheiten. Die SPD hat der Union aber zuletzt Zugeständnisse abgehandelt, die diese zunächst ebenfalls ablehnte, so die Grundrente ohne Vermögensprüfung. Die kommunale Entschuldung liegt nun auf dem Verhandlungstisch – und wird vielleicht Teil eines Kompromisses.

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