Aussteigerprogramm für Linksextreme: Hotline in ein neues Leben

Geläuterte Linksextreme bekommen Hilfe - direkt vom Staat. Der Verfassungsschutz bietet eine Aussteiger-Hotline an. Die Kritiker aber warnen vor einer Stigmatisierung.

Früher Steine werfen, heute Reue zeigen. Eine Hotline macht es möglich. Bild: dpa

BERLIN taz | Altautonom und gescheitert? Linksextrem und frustriert? Unverbesserbar - aber lernwillig? Dann gibt es nun einen neuen Halt: Ab sofort können Menschen aus dem linken Milieu sich von ihrer gescheiterten Vergangenheit abwenden und bekommen dabei professionelle Hilfe vom Staat. Das verspricht eine nun freigeschaltete Hotline für Linksextremisten, die das Bundesamt für Verfassungsschutz ab sofort unter der Service-Telefonnummer (02 21) 792 66 00 anbietet.

Damit komplementiert die schwarz-gelbe Bundesregierung - exakt ein Jahr nach Einführung der umstrittenen "Extremismusklausel" - die Instrumente ihrer Strategie, im Kampf gegen Extremismus insbesondere das linke Milieu stärker in den Fokus zu nehmen.

Nach Angaben des Verfassungsschutzes richtet sich das neue Aussteigerprogramm "an Linksextremisten jeglicher Couleur. Dabei spielt es keine Rolle, ob der Ausstiegswillige dem gewaltbereiten Spektrum angehört oder nicht". Als linksextrem definiert die Behörde Menschen, die "anstelle der bestehenden Staats- und Gesellschaftsordnung ein sozialistisches bzw. kommunistisches System oder eine ,herrschaftsfreie' anarchistische Gesellschaft etablieren" wollen. Dementsprechend dürften sich auch Mitglieder der Linksfraktion im Bundestag vertrauensvoll an die Verfassungsschützer wenden und könnten - eine ernsthafte Absicht vorausgesetzt - ein neues Leben in der Anonymität führen.

Kritiker sehen in der Strategie der Regierung daher auch den Versuch, politisch unliebsame Konkurrenz von links zu stigmatisieren. Selbst in Sicherheitskreisen wird nicht erwartet, dass sich eine nennenswerte Anzahl linker "Aussteiger" bei der Hotline meldet. Das Angebot, heißt es, sei ein "symbolischer Akt". Wie viel er kostet, darüber gibt der Verfassungsschutz keine Auskunft.

Im Oktober 2010 hatte die Regierung eine Klausel eingeführt, wonach staatlich geförderte Initiativen im Kampf gegen rechts ein Bekenntnis zur Verfassung ablegen müssen, um weiter Mittel zu erhalten. Viele Initiativen lehnen dies als "Ausdruck einer Gedankenpolizei" ab. PolitikerInnen aller drei Oppositionsparteien im Bundestag kritisierten die Strategie der Regierung am Donnerstag erneut als "Unfug".

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