Ausstellung bei Eden Eden: Wilder, unkorrekter Motivmix

Drastisch und von düsterem Humor ist die Ausstellung im Eden Eden mit elf feministischen Künstlerinnen der letzten 50 Jahre.

Blick in den Ausstellungsraum, im Vordergrund ein Bunny von Sarah Lucas

Installationsansicht „In The Company of“ bei Eden Eden Foto: @GRAYSC, Courtesy the artists and Galerie Isabella Bortolozzi, Berlin

Ausstellungen in der Galerie von Isabella Bortolozzi sind gerne kryptisch und unvermittelt. Auch in der aktuellen Schau „In the Company of“ wird man nahezu geworfen in ein zunächst unverständliches Geflecht aus Körpern, Gesichtern, Kleidungsstücken und Aktionen. Doch die Zeichen, die da auf einen einfallen, das spürt man dann doch sofort, sind krass. Und sie sind von düsterem Humor.

In dieser Gruppenausstellung im Projektraum der Galerie namens Eden Eden, die so bekannte und unterschiedliche Künstlerinnen wie Friedl Kubelka, Sarah Lucas, Meret Oppenheim und Vaginal Davis zusammenbringt, geht es existentialistisch zu. Und es geht um das, was unsere Existenz vor allem ausmacht: den Körper. Letztlich den weiblichen Körper. „My body was all I had“ heißt es auch in einem Textausschnitt der US-Punk-Autorin Kathy Acker (1947–1997), der in Bortollozzi’scher Manier anstelle eines erklärenden Ausstellungstexts ausgelegt wird.

Wortwörtlich auf ein nacktes Dasein reduziert sind schon bei Eintritt die frontal gehängten Fotografien der Performerin und Videokünstlerin Wu Tsang. Fast lebensgroß sind ihre an­drogynen Akte von 2014 auf Aludibond gezogen. Haut, Muskeln und Falten dramatisch ausgeleuchtet, stellt Wu Tsang die Nackten in Momenten großer Anspannung, ja schon von Gewalt dar, ohne anzudeuten, woher diese rührt.

Einen weiteren Akt zeigt die Künstlerin vollkommen mit einem feinen Band verschnürt, als sei an ihm eine extreme Form des Bondaging praktiziert worden. Die vielen, filigranen Schnüre schneiden sich tief in Haut und Fleisch des sichtbar durchtrainierten, kantigen Frauenkörpers.

„In the Company of“ mit Renate Bertlmann, Ellen Cantor, Vaginal Davis, Sarah Lucas, Meret Oppenheim, Gina Pane u. a. Eden Eden, Bülowstr. 74, bis 25. Juni

Diese Gruppenausstellung zeigt keine Furcht vor ästhetischen Grenzwerten. Auch schmerzhaft anzusehen sind die Dokumentationen von Gina Panes Body-Art-Performances. Pane war in den 1970er Jahren bekannt für extreme Aktionen, in denen sie sich mit Rasierklingen selbst schnitt oder mit einem harten Gegenstand derart häufig gegen die Schläfe schlug, bis sie aufplatzte.

Die Performances brachen damals in ihrem blutigen Exhibitionismus mit den gesellschaftlichen Regeln, die vor allem der Frau galten, denen der Schönheit und Verschwiegenheit etwa. Der Realismus von Gina Pane und Wu Tsang wirkt drastisch, wenn auch inszeniert. Solch eine Visualität wie auf den Fotografien der beiden Künstlerinnen sieht man heute in Zeiten artifizieller Bilder eigentlich selten.

Subversiver Humor

Doch diese Schau verknüpft eben gerade eine historische feministische und eine zeitgenössische feministische Kunst und damit auch ihr unterschiedliches, ästhetisches Vokabular. So sind die plastischen Gemälde von Carol Rama aus den späten 1960er und frühen 1970er Jahren ganz abstrakt. Mit Klebstoff, Nägeln und Löchern kann sie eine dunkle Aggression auf ihre Leinwände bringen. Ihre schwarzen Kreise auf weißem Grund aber zeigen einen subversiven Humor.

Zunächst wirken sie wie die runde (und daher weibliche?) Variante des Schwarzen Quadrats von Kasimir Malewitsch, hätte Carol Rama den Kreisfiguren nicht aus industriellen Radreifen angefertigt und damit eine Note Modernekritik gegeben.

Meret Oppenheim wird auf ihren bunten Zeichnungen wieder figurativ. Charaktere mit großen Köpfen und vielen Brüsten, Chimären zwischen Tier und Mensch mit weiblichen Unterleib – witzig, surrealistisch und überzogen sind ihre Cadavre exquis aus den 1970er Jahren. Ein Gefühl der Gegenwart von tatsächlichen Personen wiederum wecken die ausgelegten Kleiderstücke der jungen Britin Reba Maybury.

Sieben Klamottenhaufen legte sie in den Raum, derart zerknüllt, als hätten sich die sieben Personen gerade erst hastig ausgezogen. Und aus jedem Knäuel aus T-Shirt, Jeans, Sneakers, Gürtel und Unterhose zeichnet sich der Stereotyp eines jungen Mannes ab. Vor dem inneren Auge baut sich schon das Figurenkabinett Mayburys auf – der sportliche Geografiestudent, der Raver, der angehende Jurist –, grätschten in der Ausstellung nicht Leila Hekmats Digitalcollagen dazwischen, die auf großformatigen Seitenbändern von der Decke hängen.

Die darauf abgebildeten Gestalten speist Hekmat aus einem wilden, unkorrekten Motivmix der Renaissance, des Barock und orientalistischer Darstellungen. Geschlecht und sozialer Stand spielen keine Rolle mehr in dieser Gesellschaft kurioser Einzelner – aber ihr Körper.

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