Ausstellungsempfehlung für Berlin: Neuköllner Dropouts: global – lokal

Der Neuköllner Kunstpreises 2017 ging an Diana Artus (1. Preis), Katharina Moessinger (2. Preis) und Franka Wohlt (3. Preis). Die taz sprach mit Diana Artus.

Ausstellungsansicht. Links: Diana Artus, „Dropout #1“ (2015); Rechts: ON/OFF: „Kopf-Kino“ (2014) Foto: © Nihad Nino Pušija

Neukölln ist „Kopf-Kino“, hat dreimal „Kein Bock“, hört lieber Musik, schert sich mehr um seine „Dropouts“ als um das „Umland“ und füllt am Ende des Tages eine ganze „Enzyklopädie des Zarten“. Die Ausstellung zum „Neuköllner Kunstpreis 2017“ in der Galerie im Saalbau zeigt zehn Positionen, die im Bezirk entstanden sind.

Der 1. Preis ging an ­Diana Artus für ihre Foto­arbeit „Dropout #1“ (2015): Ein Hochhaus in Seoul schält sich aus dem Latexdruck heraus. Die Architektur schwappt buchstäblich aus der Bildfläche heraus, so wie der Neoliberalismus über die globalen Märkte schwappt. Jenseits solcher Ballungszentren lässt der Hochsitz auf Franka Wohlts Landschaftsszene „Umland“ von 2012 (3. Preis) nicht so leicht erkennen, ob er zwischen den kahlen Bäumen Verlorenheit oder Stille bereitet.

In aller Seelenruhe das „Aufsteigen 16“ (2015) der silbernen Heliumballons ­Katrin ­Wegemanns. Sie ­steigen dank des verinnerlichten Gases sanft in die Höhe, wann immer die Spulen, die sie am Boden halten, nachgeben. Eine Choreografie der Leichtigkeit.

Einblick (656): Diana Artus, Künstlerin

taz: Welche Ausstellung in ­Berlin hat dich zuletzt an- oder auch aufgeregt? Und warum?

Diana Artus: Seit dem letzten Kunstherbst habe ich kaum Ausstellungen in Berlin angeschaut, stattdessen war ich viel im Theater. Besonders beeindruckt hat mich die Inszenierung des Jelinek-Stücks „Schatten (Eurydike sagt)“ von Katie Mitchell in der Schaubühne: Während der Aufführung entsteht ein Film derselben, der in Echtzeit auf einer Leinwand über dem Geschehen zu sehen ist. Diese Gleichzeitigkeit verschiedener Bildebenen und das Offenlegen des Produktionsprozesses fand ich sehr spannend.

Saalbau Neukölln, Di.–So., 10–20 Uhr, bis 26. 3., Karl-Marx-Str. 141

Welches Konzert oder welchen Klub in Berlin kannst du empfehlen?

Ich gehe gerne ins Acud. Der dortige Auftritt von Alex Cameron im November war mein Konzerthighlight des letzten Jahres. Für kommenden Samstag empfehle ich das Konzert von Aftermars, einer Berliner Band, die ein bisschen so klingt wie das New Yorker Electropunk-Duo Suicide – plus Trompeter. Sie spielt anlässlich der Finissage der Ausstellung „Linear Momentum“ in der Galerie im Körnerpark.

Diana Artus (geb. 1974) studierte Fotografie und Germanistik in Leipzig. Eine flanierende Wahrnehmungsperspektive und die Frage nach der Les- und Erzählbarkeit von Städten bilden die Grundlage ihrer künstlerischen Arbeiten. Ausgehend vom Medium der Fotografie setzt sie sich vor allem mit der Wechselwirkung von Stadtraum und Stimmung und einer „psychogeographischen“ Raumerfahrung auseinander.

Welche Zeitschrift/welches Magazin und welches Buch begleitet dich zurzeit durch den Alltag?

Ein Buch, das ich immer wieder hervorhole, ist „Der Zeitplan“ von Michel Butor. Es beschreibt die Stadt als Labyrinth, das der einsam umherstreunende Protagonist vergeblich zu verstehen und zu durchdringen versucht. In seinen Aufzeichnungen, die letztlich den Roman bilden, verschachteln sich verschiedene Zeit- und Erinnerungsebenen zu einem poetischen urbanen Wahrnehmungsgeflecht.

Was ist dein nächstes Projekt?

Ich bereite gerade meine Teilnahme an der Senatsstipendiatenausstellung im n.b.k. vor, die am 3. März eröffnet. Außerdem recherchiere ich Möglichkeiten für eine größere Auflage meiner Publikation „A Korean Notebook“, in der ich meine Fotos aus Seoul mit vor Ort gefundenen Motivationsslogans verbinde.

Welcher Gegenstand/welches Ereignis des Alltags macht dir am meisten Freude?

Ein Ausflug auf das Tempelhofer Feld – egal bei welchem Wetter.

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