Ausstellungsempfehlung für Berlin: Zwischen Bewunderung und Obsession

Ella CB verwandelt den Projektraum CAVE3000 in einen Schrein für Angelina Jolie. Die taz sprach mit der Kuratorin.

Ella CB, „Jolie Objects“, 2018 (Installationsansicht bei CAVE3000) Foto: André Wunstorf

Keiner anderen Hollywoodschauspielerin gelang der Imagewechsel von der Hure zur Heiligen so grandios wie Angelina Jolie. Ob das der Grund war, warum Ella CB gerade sie zum Objekt der Begierde in ihrem langjährigen Projekt über Fantum gewählt hat, spielt eigentlich keine große Rolle.

Den Gipsbüsten jedoch, die die Künstlerin mit Jolies Gesichtszügen anfertigte, haftet etwas Madonnenhaftes zweifellos an. Zu sehen sind diese momentan bei CAVE3000 in einem schreinhaften Zimmer mit zerwühltem Bett und allerlei Devotionalien. Neben den Büsten handelt es sich dabei vor allem um Fotografien, in denen Ella CB Selbstporträts über Jolie-Bilder gelegt oder sich in deren Arme gefügt hat.

Wie ein Detektiv wandelt man zwischen den verlassenen Objekten umher, die den schmalen Grat zwischen Bewunderung und gefährlicher Obsession widerspiegeln, auf dem Fans sich bewegen. Ab dem 1. September muss man für den Besuch nicht mehr nach Neukölln: In der VR-Version auf cave3000.net bekommt die Ausstellung einen eigenen Raum.

Einblick 739: Natasja Loutchko, Künstlerin, Filmemacherin, Kuratorin

CAVE3000: Bis 1. September, danach online, nach Vereinbarung über natasjaloutchko@gmail.com, Weserstr. 23

taz: Welche Ausstellung in Berlin hat dich zuletzt an- oder auch aufgeregt? Und warum?

Natasja Loutchko: M.I/mi1glissé ist eine unabhängige Galerie in Berlin und in Paris, kuratiert von Joel Mu, deren Fluidität mich sehr inspiriert. Im Juni präsentierten Jayson Patterson und Caner Teker dort ihre Performance „Forever Endless“. Toll war auch „Woman“ von Amy Ball im Rahmen von Assemble.

Welches Konzert oder welchen Klub in Berlin kannst du empfehlen?

Babes Bar ist eine Popup-Kunstbar, die ein- bis zweimal im Monat meist im Agora Collective stattfindet. Künstler*innen und Performer*innen veranstalten Barnächte mit Performances, Lesungen, Filmen oder einfach Drinks und Musik. DUMP (Don’t Underestimate My Pussy) ist ein queerer Club mit guter Stimmung und guten Künstler*innen. Beides Orte, die Raum für Offenheit, Respekt und Kreativität schaffen.

Natasja Loutchko ist Künstlerin, Filmemacherin und Kuratorin. Ihren Abschluss machte sie 2014 an der Städelschule in Frankfurt am Main. Dort war sie Meisterschülerin bei Douglas Gordon. 2015 gründete sie in Berlin den Projektraum CAVE3000. CAVE3000 ist eine Mischung aus Kunstprojekt und Projektraum. Dort läuft aktuell im Rahmen des Project Space Festivals die Ausstellung eine Einzelausstellung von Ella CB (siehe oben). CaveInCloud, eine Kollaboration mit JUL ZABOWSKX, ergänzt CAVE3000 um VR-Online-Ausstellungen auf cave3000.net, die man auf seinem Computer spielen kann. Mit der Künstlerin Josefin Arnell entwickelt Loutchko ihren ersten Spielfilm „Horse girl“.

Welche Zeitschrift/welches Magazin und welches Buch begleitet dich zurzeit durch den Alltag?

Girls Like Us ist ein unabhängiges Magazin, das die wachsende internationale Community von Frauen aller Geschlechter in den Künsten, der Kultur und im Aktivismus vorstellt. Maggie Nelsons Buch „The Argonauts“ kann ich immer wieder lesen. Ich mag Texte, die Emotio­nen ausdrücken und auslösen und uns zum Nachdenken bringen, ob sie nun von Maggie Nelson, Octavia Butler oder Ursula Le Guin sind.

Was ist dein nächstes Projekt?

Gemeinsam mit der Künstlerin und Kuratorin Alana Lake kuratiere ich eine Gruppenausstellung in ihrem Projektraum GSL, die am 27. September zur Berlin Art Week eröffnet. CAVE3000 wird sich in Zukunft mehr auf VR fokussieren und für eine Weile nomadisch werden. Darüber hinaus arbeite ich an meinem ersten Spielfilm „Horse girl“ mit der Künstlerin Josefin Arnell.

Welcher Gegenstand/welches Ereignis des Alltags macht dir am meisten Freude?

Mit Tieren Zeit verbringen und realisieren, dass wir in derselben Welt leben.

Dieser Text erscheint im taz.plan. Mehr Kultur für Berlin und Brandenburg immer donnerstags in der Printausgabe der taz.

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