Austrittsvereinbarungen zum Brexit: Parlamentarier haben das letzte Wort

Nicht Theresa Mays Regierung, sondern die Abgeordneten in London werden beim geplanten Brexit-Deal das Sagen haben.

Mitglieder des House of Commons stehen nach einer Abstimmung über das Veto-Recht des britischen Parlaments über ein Brexit-Abkommen zusammen

Das Unterhaus votierte mit 309 zu 305 Stimmen dafür, das Parlament in den Brexit-Prozess einzubinden Foto: dpa

BERLIN taz | Das britische Unterhaus hat am Mittwochabend gegen den Willen der Regierung eine wichtige Veränderung am geplanten Brexit-Gesetz vorgenommen. Ein vom konservativen Abgeordneten Dominic Grieve eingebrachter Antrag, wonach die Regierung das Austrittsabkommen mit der EU erst nach Bestätigung durch das Parlament umsetzen darf, kam mit 309 gegen 305 Stimmen durch. Elf konservative Abgeordnete rebellierten gegen die Regierung, während bei der Labour-Opposition nur zwei mit ihr stimmten. Damit hat das Parlament das letzte Wort bei der Umsetzung des Brexit.

Seit November beraten die britischen Parlamentarier über das Gesetz zum Austritt Großbritanniens aus der EU. Dieses regelt im Einzelnen, wie – nach dem Brexit – das bisherige EU-Recht in britisches Recht übertragen wird. Gegner des EU-Austritts und Befürworter eines „weichen“ Brexit haben 191 Änderungsanträge eingebracht. Dabei geht es zumeist darum, dem Parlament mehr Rechte zu gewähren, als die Regierung wünscht.

Sie nutzen dies aber auch zum Kräftemessen, um deren Brexit-Kurs der Regierung insgesamt in Frage zu stellen. Bisher sind alle Änderungsanträge durchgefallen. Der jetzige Erfolg ist daher besonders bedeutsam: Erstmals haben die Gegner des Brexit-Kurses von Theresa May eine Mehrheit unter den Abgeordneten errungen. Für die Premierministerin ist dies ein Dämpfer wenige Tage nach ihrem Erfolg bei der ersten Phase der Brexit-Verhandlungen mit der EU.

Die „Meuterer“ bei den Tories feierten ihren Erfolg noch in der Nacht mit Weißwein in einem der Sitzungsräume des Parlaments. „Heute hat das Parlament die Kontrolle über den EU-Austritts-Prozess übernommen“, freute sich Nicky Morgan, eine von ihnen. Ein ehemaliger Labour-Minister sprach vom „Anfang vom Ende des Brexit“. Die Regierung reagierte hart: Noch in der Nacht setzte sie Stephen Hammond, Vize-Geschäftsführer der Konservativen und einen der elf „Meuterer“, ab. Brexit-Befürworter warfen den Rebellen eine bewusste Schwächung von Mays Verhandlungsposition in Brüssel vor.

Parlament kann Brexit nicht stoppen

Faktisch ändert der Antrag wenig. Er stärkt auch nicht die Gegner des Brexit. Die Regierung hat ohnehin ein parlamentarisches Ratifizierungsverfahren für die endgültigen Brexit-Vereinbarungen festgelegt. Sollte das Parlament das Brexit-Abkommen ablehnen, würde dies – anders, als manche denken, und anders, als der zuweilen genutzte Begriff „Vetorecht“ suggeriert – den Brexit nicht stoppen. Den gäbe es dann trotzdem – ohne Abkommen. Diesen Weg ziehen Brexit-Hardliner vor, weil damit alle britischen Zusagen an die EU hinfällig wären.

Wichtig ist das Votum vom Mittwoch daher vor allem wegen seiner Signalwirkung: Nächste Woche steht die Abstimmung über einen Regierungsantrag an, das Brexit-Datum 29. März 2019 im Gesetz ausdrücklich festzuschreiben – das wird die nächste Kraftprobe.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.