Ausverkauf bei den Nutztieren: Patente auf Tiere sind schon Realität

Eine Greenpeace-Studie findet beim Europäischen Patentamt 40 Patentanträge für Nutztiere, die ganz konventionell gezüchtet wurden.

Protestaktion vor dem Europäischen Patentamt in München. Bild: ap

MÜNCHEN taz Was klingt wie eine düstere Zukunftsvision, ist im Europäischen Patentamt in München schon Routine: Eine Recherche von Greenpeace fand 40 Patentanträge, die in den vergangenen zwei Jahren auf ganz konventionelle Nutztierzucht gestellt wurden. „In all diesen Patenten geht es um die Züchtung und nicht um Gentechnik“, sagte die Autorin Ruth Tippe vom Verein „Kein Patent auf Leben“ bei der Vorstellung des Reports am Dienstag in München. Doch der Patentschutz geht über den Zuchtvorgang weit hinaus. Er beinhaltet auch die Tiere selbst.

„Die Ergebnisse des Verfahrens werden genauso patentiert“, sagt „Report“-Autor Christoph Then von Greenpeace. Die „Ergebnisse“, das sind in diesem Fall die gezüchteten Schweine und Kühe, bis in die Folgegenerationen hinein. In dem Report listet Greenpeace über ein Dutzend Fälle auf, in denen das Europäische Patentamt solche Anträge bereits genehmigt hat. Gegen den prominentesten Fall wollen Greenpeace und andere Verbände an diesem Mittwoch offiziell Einspruch einlegen. Es ist das Patent auf Schweine.

Die US-Firma Newsham Choice Genetics hat sich ein Analyseverfahren für ein Gen in Schweinen sichern lassen, das für die Gewichtszunahme zuständig ist. Doch darüber gehe das Patent weit hinaus, meint Christoph Then. „Es ist ein völlig offenes Patent.“ Aus ihm lasse sich auch der Anspruch auf gezüchtete Tiere selbst ableiten. Am Greenpeace-Einspruch beteiligten sich etwa 5.000 Einzelpersonen und zahlreiche namhafte Verbände – der Deutsche Tierschutzbund ebenso wie das katholische Hilfswerk Misereor und die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft. Zur Übergabe des Schriftstücks gibt es heute in München eine Demonstration zum Patentamt.

Auf eine wegweisende Grundsatzentscheidung des Patentamts warten die Umweltschützer in einem anderen Fall: Noch in diesem Jahr will die Große Beschwerdekammer der Behörde über die bereits erteilten Patente auf die Zucht von Brokkoli und Tomaten entscheiden. „Die Entscheidung wird auch großen Einfluss auf die Tierpatente haben“, prognostiziert Ruth Tippe. Schon jetzt sei durch den anstehenden Beschluss Bewegung in der Politik entstanden, meint Christoph Then. „Es gibt sehr gute politische Signale.“ Die hessische Regierung hat eine Bundesratsinitiative für ein Verbot von Patenten auf Lebewesen gestartet. Bayerns Umweltminister Markus Söder hat sich bei der Demonstration als Gast angekündigt.

Während die Politik erst langsam wach wird, versuchen die großen Agrarkonzerne schnell Fakten zu schaffen. Eine neuseeländische Firma hat einen Patentantrag für einen Gentest für Milchkühe eingereicht, in dem sie ganz keck das Recht auf die von den Kühen produzierte Milch beansprucht – und alle daraus hergestellte Produkte. Und der umstrittene US-Konzern Monsanto, der Ende 2007 verkündete, man habe sich endgültig aus der Schweinezucht zurückgezogen, beansprucht in einem neuen Patentantrag die Verwendung von einigen tausend Genvarianten – von Schweinen.

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