Bahn-Gewerkschafter über Fernbusse: „Autobahnen sind schon überfüllt“

Durch die neuen Fernbuslinien befürchtet der Bahn-Gewerkschafter Claus Weselsky einen Fahrgastschwund bei der Bahn.

Die Liberalisierung der Busse geht eindeutig zu Lasten der Schiene, sagt Gewerkschafter Claus Weselsky. Bild: dpa

taz: Herr Weselsky, ab Januar soll es überall in Deutschland Fernbuslinien geben können, die Verbraucher haben dann mehr Auswahl. Was haben Sie dagegen?

Claus Weselsky: Das ist ganz einfach. Die Liberalisierung geht eindeutig zu Lasten der Schiene, weil dem Bahnverkehr dadurch viele Fahrgäste verloren gehen. Denn es ist ja nicht so, dass die neuen Buslinien Kleinstädte in der Provinz ansteuern, sondern sie werden sich lukrative Strecken zwischen den Ballungsräumen suchen.

Die Verbraucher können sich auf niedrigere Preise und Alternativen zur Bahn freuen.

Das Problem ist: Die Bahn rechnet sich nur, wenn sie ausgelastet ist. Ist sie nicht mehr ausgelastet, weil Busse parallel fahren, wird der Takt ausgedünnt; dann hat der Fahrgast wieder ein geringeres Angebot. Im schlimmsten Fall lohnt sich der Schienenbetrieb auf bestimmten Strecken gar nicht mehr. Das wäre kontraproduktiv, denn es muss uns ja darum gehen, mehr Verkehr auf die umweltfreundliche Schiene zu bringen.

Aber der Fernbus hat dank seiner hohen Auslastung sehr gute Umweltwerte.

Im Vergleich aller Verkehrsträger gibt es auf Dauer nur einen Gewinner, und das ist der Zug. Der Fernbus muss erst noch beweisen, dass er im großflächigen Linienverkehr so gute Werte wie das umweltfreundlichste Verkehrsmittel, die Eisenbahn, erzielen kann. Schon jetzt sind viele Autobahnen überfüllt, Staus an der Tagesordnung. Da ist es nicht sinnvoll, dort auch noch mehr Busse draufzustellen. Im Übrigen zahlen die Busbetreiber nicht einmal die Maut für die Autobahnbenutzung, aber die Eisenbahnen müssen Trassengebühren und damit eindeutig Maut zahlen. Diese Wettbewerbsverzerrungen müssen ein Ende haben.

Der 53-Jährige ist gelernter Lokführer und seit 1990 Mitglied der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL). Seit 2008 ist er Bundesvorsitzender der GDL.

Die GDL setzt sich stark für die Interessen der Lokführer ein. Fürchten Sie, dass Ihnen Mitglieder fehlen könnten, wenn Buslinien Verkehre übernehmen?

Nein, das fürchten wir nicht. Aber wir müssen aufpassen, dass auch bei den kleinen Busunternehmen die Mitarbeiter fair behandelt werden; dass sie ordentlich bezahlt werden und die Arbeitszeiten eingehalten werden.

Was tun Sie dafür?

Gerade wurde, auch von GDL-Mitgliedern, eine neue Nahverkehrsgewerkschaft für Bus- und Straßenbahnfahrer gegründet. Die muss sich dann natürlich auch um die Busfahrer im Fernverkehr kümmern und versuchen, dort einen Fuß in die Tür zu bekommen. Klar ist aber auch, dass das bei sehr kleinen Unternehmen schwierig wird. Wenn sich in einem Zwei- oder Dreimannbetrieb ein Fahrer als Gewerkschafter zu erkennen gibt, kann er mitunter schnell Schwierigkeiten mit seiner Arbeit bekommen. Die Gewerkschaften können es jedenfalls nicht zulassen, dass die Liberalisierung des Fernbusmarktes auf Kosten der Fahrer geht. Lohndumping können wir nicht dulden.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.