Autoren-Rechte bei Gruner + Jahr: Nicht mit uns

Sieben „Geo“-Autoren wenden sich geschlossen gegen die neuen Honorarverträge von Gruner + Jahr. Sie sehen vor, dass der Verlag Texte vielfach nutzen kann.

Wie viel ist journalistische Arbeit wert? Bild: dpa

HAMBURG taz | Freie Journalisten kritisieren nur selten namentlich die Honorar- und Vertragsbedingungen ihrer Auftraggeber. Insofern ist es ungewöhnlich, dass sich nun sieben Autoren, die für die Zeitschrift Geo und deren Ableger schreiben, in einem Brief an die Chefredakteure gewandt haben, um ihren Ummut zu äußern über den neuen Rahmenvertrag, den der Verlag gerade verschickt hat.

„Leider“ seien darin „mehrere Klauseln enthalten, die es uns unmöglich machen, den Vertrag zu unterschreiben“, schreiben die Unterzeichner. Zu ihnen gehören die von Italien berichtende Buchautorin Petra Reski („Von Kamen nach Corleone. Die Mafia in Deutschland“), Wolfgang Michal, der Herausgeber des Blogs Carta, und Anke Sparmann, die 2010 den „Deutschen Preis für Naturjournalismus“ gewann.

Die Verfasser betonen, es handle sich nicht um einen „Protestbrief“. In der Tat ist das an die „sehr geehrten Chefredakteure“ gerichtete Schreiben höflich formuliert, es endet mit den Worten: „Über eine angemessene Korrektur des Rahmenvertrages würden wir uns freuen.“

Die renommierten Autoren kritisieren, dass in den Vereinbarungen ein „Exklusivitätszeitraum von 12 Monaten“ vorgesehen ist, „der eine Zweitverwertung unmöglich macht“. Außerdem missfällt ihnen, wie die „Weiterverwertung innerhalb und außerhalb der sogenannten Markenfamilie“ geregelt ist.

„Markenfamilie“

„Markenfamilie“ ist der zentrale Begriff in den neuen G+J-Vereinbarungen. Mit einer von ihnen schließt der Autor einen Vertrag ab. Derzeit gibt es bei G+J 13 „Markenfamilien“. Zu der von Geo gehören unter anderem Geo Kompakt und Geo Wissen, zu der des Stern zählen beispielsweise Neon und Nido. Diese „Familien“ sind mit zwölf bzw. elf Titeln die größten im Haus. In Paragraf 2.1 der neuen Rahmenverträge heißt es unter „Grundhonorar“: „Die Nutzungen in den deutschsprachigen Zeitschriften der Markenfamilie“ seien inklusive digitaler Ausgaben „mit dem vereinbarten Honorar abgegolten“.

Für Autoren der Geo-Titel ist vorgesehen, dass sie für die markenfamilieninterne Zweitnutzung von Texten ein Almosen von zehn Prozent bekommen, in Verträgen anderer „Familien“ ist nicht einmal das festgeschrieben. Besonders tückisch für Autoren ist, dass der Verlag die Familienverhältnisse großzügig definiert. Wer zum Beispiel mit der „Markenfamilie“ Food, zu der Essen & Trinken gehört, einen Vertrag abschließt, trifft auch eine Vereinbarung, die für die „Food-Teile von“ Brigitte und Living at Home gilt.

Das „House of Content“

Der Rahmenvertrag ist im Zusammenhang zu sehen mit dem von G+J propagierten Modell „House of Content“ (HoC), das der Verlag in einer Selbstdarstellung als „Forschungscenter“ bezeichnet: „Das von HoC entwickelte System ermöglicht es, durch einfachere Prozesse schneller und in größerem Umfang als bisher redaktionelle G+J-Inhalte für unterschiedlichste Plattformen, Endgeräte und Geschäftsmodelle zu produzieren.“ Die Entwicklung läuft wohl darauf hinaus, dass Autoren künftig nur noch Rohmaterial liefern – und eine Art Überredaktion die Verteilung auf einzelne Titel und Kanäle verwaltet.

Etwas amüsieren durften sich die Autoren, die den Vertrag zugeschickt bekamen, dann aber doch. Im von den Chefredakteuren des Hauses unterzeichneten Begleitschreiben heißt es: „Vor einer weiteren Nutzung Ihrer Inhalte möchten wir nur (automatisiert) prüfen, ob der Rahmenvertrag unterzeichnet wurde, nicht jedoch (manuell) nach Sonderregelungen forschen.“

Man könne „deshalb grundsätzlich keine Änderungen am Text des Rahmenvertrages akzeptieren“. Das heißt, Streichungen und handschriftliche Ergänzungen sind nicht möglich – angeblich, weil die zurückgeschickten Dokumente kein Mensch mehr liest, sondern eine Maschine. Glaubt bei G+J irgendjemand, dass das irgendjemand glaubt?

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