Autos: Klimaschutz bei 250 km/h

Die Automesse zeigt allerlei Öko-Hightech. Doch schon die jetzigen Modelle könnte man klimaverträglicher umbauen.

Schnelligkeit in Kombination mit Klimaschutz - geht das? Bild: ap

Wer nicht mit mindestens einem Ökoauto aufwarten kann, braucht sich auf der Internationalen Automobilausstellung (IAA) gar nicht erst blicken zu lassen. Die 1.081 Aussteller auf der größten Automesse der Welt, die heute in Frankfurt offiziell eröffnet wird, scheinen sich dessen bewusst zu sein. Selbst Porsche präsentiert mit Stolz ein umweltfreundliches Modell: den Cayenne Hybrid, der bis zu einer Geschwindigkeit von 120 km/h ohne Benzinmotor läuft. Dieses Modell verbindet zwei Trends: Immer stärker sollen die Fahrzeuge werden - Experten erwarten, dass Geländewagen im Jahr 2010 auf einen Marktanteil von 10 Prozent kommen werden. Und die Kunden wollen klimafreundlich fahren.

Da der Klimaschutz zu einem Verkaufsargument geworden ist, überbieten sich die Hersteller gegenseitig bei der Vorstellung neuer Entwicklungen mit Superlativen: VW verspricht, in drei Jahren ein 1-Liter-Auto auf den Markt zu bringen. Opel stellt ein Elektroauto vor, dessen Batterie man an der Steckdose aufladen kann. Und DaimlerChrysler bringt 19 sparsamere Modelle auf den Markt. "Wir wissen, was die Kunden und die Welt von uns erwarten", sagte der Vorstandsvorsitzende Dieter Zetsche.

Mit diesen Umbauten konnten die Forscher der Technischen Hochschule Aachen den Kohlendioxidausstoß des Golf TSI von 173 auf 131 Gramm pro Kilometer mindern: Die Reifen werden schmaler und praller, was den Rollwiderstand senkt und pro

100 km 0,3 bis 0,6 Liter Sprit spart. Kameras und Monitore ersetzen die Außenspiegel, was den Luftwiderstand senkt. Motorhaube, Sitze und Batterie werden durch leichtere Modelle ersetzt. Das spart 100 Kilogramm und damit 0,2 Liter.

Ein Downsizing-Motor (kleinerer Hubraum, weniger Reibungsverluste) ist bereits serienmäßig im Golf eingebaut.

Ein Wärmespeicher erhitzt den Motor effizienter beim Kaltstart: 0,2 Liter.

Die längere Hinterachsübersetzung macht das Getriebe effizienter: 0,3 Liter.

Die Start-Stopp-Technik schaltet den Motor im Leerlauf automatisch ab: 0,3 Liter.

Eine Schaltanzeige zeigt den verbrauchsoptimalen Gang an: Wer schaltet, kann 0,5 Liter sparen.

"Die Industrie ist mit großen Investitionen in den Klimaschutz eingestiegen", konstatiert Ferdinand Dudenhöffer von der Fachhochschule Gelsenkirchen. Und der Vorreiter ist für ihn "überraschenderweise" BMW. Der Konzern will mit seiner "Efficient Dynamics"-Reihe im Herbst 22 Modelle anbieten, die weniger als 140 Gramm Kohlendioxid pro Kilometer ausstoßen. Die "Start-Stopp-Technik", die im Leerlauf automatisch den Motor abstellt, gibt es dann serienmäßig, hinzu kommt die Rückgewinnung von Bremsenergie.

"Deutsche Autos sind nicht ineffizient - ganz im Gegenteil", lobt selbst Greenpeace. Doch würden die Effizienzsteigerungen falsch eingesetzt. "Technische Potenziale werden genutzt, aber nicht um den Verbrauch zu senken, sondern um immer mehr Gewicht mit immer mehr Leistung zu transportieren", heißt es in einer Greenpeace-Studie. Ein Beispiel für diese "absurde Entwicklung" sei der über 2 Tonnen schwere Porsche Cayenne Hybrid, ergänzt Werner Reh vom Umweltverband BUND.

Natürlich haben die Umweltschützer nichts gegen teure Hightechlösungen wie den Hybridmotor. Einen großen Nutzen erwarten sie davon aber nicht. "Die neuen Entwicklungen müssen breitenwirksam sein", sagt Reh. "Wir brauchen die Großserie. Der Showroom bringt nichts." Doch anders als bei den teuren High-End-Produkten ist "bei den Volumenherstellern keine klare Linie zum Klimaschutz erkennbar", meint Autoexperte Dudenhöffer. Dabei hätten gerade die Einsparungen auf dem Massenmarkt die größten Auswirkungen für den Klimaschutz.

"Wer das Klima schützen will, muss in die Breite gehen", sagt auch Henning Wallentowitz, Professor am Institut für Kraftfahrwesen an der RWTH Aachen. Er stellt auf der Messe einen Golf TSI vor, den er mit seinem Team im Auftrag des Umweltbundesamtes umgebaut hat. "Wir wollten zeigen, dass man schon mit ganz einfachen Mitteln den Verbrauch senken kann", sagt er. Zwei Jahre lang baute sein Team am 170 PS starken Golf TSI herum - mit einem CO2-Ausstoß von 173 Gramm pro Kilometer im Stadtverkehr war der kein besonders klimafreundlicher Wagen.

Mit ihrem Ökotuning konnten die Techniker die Emissionen auf 131 Gramm zu senken (siehe Kasten). Der Clou: Die meisten der neu eingebauten Teile sind "handelsüblich und ließen sich ohne großen Aufwand einbauen". Ginge der Öko-Golf in Serie, würde das Ganze den Kunden höchstens 500 Euro mehr kosten, jubelt Auftraggeber Axel Friedrich vom Umweltbundesamt.

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