Autozulieferer tilgen Blei aus Produkten: Conti und Bosch entgiften Autoteile

Die Firmen haben zu viel Blei in Leiterplatten verarbeitet, dies selbst entdeckt und die Produktion nun geändert. Die Deutsche Umwelthilfe nennt das einen Skandal.

Jemand klebt einen Aufkleber "Warnung vor elektrischer Spannung" auf einem Elektromotor

Ein 48-Volt-Elektromotor in der Produktion bei Continental Foto: Daniel Karmann/dpa

HANNOVER/STUTTGART dpa/taz | Continental und Bosch haben Autoteile mit zu hohen Bleiwerten aus ihren Lieferketten entfernt und damit nach eigener Aussage frühere Verstöße gegen eine EU-Richtlinie bereinigt. „Die Umstellung der betroffenen Komponenten erfolgte vollumfänglich“, heißt es bei Conti. Man verringere die Menge des Schwermetalls in den Produkten inzwischen auch über die gesetzlichen Vorgaben hinaus, so das Unternehmen zur Deutschen Presse-Agentur über den aktuellen Stand der Aufarbeitung. Der Konkurrent Bosch erklärte ebenfalls, es würden nur noch Teile geliefert, die den Vorschriften entsprächen.

Vor rund einem Jahr war bekannt geworden, dass in zahlreichen Fahrzeugen elektrische Komponenten wie auf Leiterplatten montierte Kondensatoren und Widerstände mit überhöhten Blei-Konzentrationen eingebaut worden waren. Dabei sollen keine unmittelbaren Risiken für die Umwelt und für die Gesundheit von Verbrauchern bestanden haben, denn die Teile sollen keinem Verschleiß ausgesetzt gewesen sein.

Blei kann gefährlich sein, in kleineren Mengen vor allem in Form von gelösten Verbindungen oder feinem Staub. Das Schwermetall kann Krebs verursachen, Bleivergiftungen, die mit Müdigkeit, Kopfschmerzen, einer fehlerhaften Blutbildung einhergehen sowie Unfruchtbarkeit und Schäden im Erbgut hervorrufen. Das niedersächsische Umweltministerium hatte den Continental-Konzern mit Hauptsitz in Hannover im August 2019 aufgefordert, „einen Maßnahmenplan zu erstellen, der eine schnellstmögliche Reduzierung des Bleigehalts der betroffenen Komponenten auf das zulässige Maß gewährleistet“.

„Die EU hat aus gutem Grund anspruchsvolle Vorgaben gemacht, um den Einsatz von Blei auf ein Mindestmaß zu reduzieren oder ganz zu vermeiden“, sagt Thomas Fischer von der Deutschen Umwelthilfe (DUH). „Es ist ein Skandal, dass Autohersteller ausgerechnet die Schadstoffgehalte der Autokomponenten nicht genau überprüft haben“. Das dürfe nicht passieren und es könne nicht sein, dass die Konzerne nun dafür gelobt werden, dass sie sich an Gesetze halten, die ohnehin einzuhalten sind. „Zudem kann bei der Problematik des illegalen Exports von Autos, beispielsweise nach Afrika oder Asien, nicht ausgeschlossen werden, dass die Bleikomponenten anderswo gravierenden Schaden anrichten“, kritisiert Fischer.

Qualitätsmanagement verbessern

Maßgeblich für die zulässigen Bleimengen in Fahrzeugteilen sind etwa die Regelungen der europäischen Altfahrzeug-Richtlinie. Diese legt abhängig vom Datum der Typgenehmigung eines Automodells bestimmte Grenzwerte fest. Hier hatten sich in den Jahren 2013, 2015 und 2016 Änderungen ergeben, die die beiden Zulieferer zumindest teilweise nicht mitvollzogen. Eine angepasste Ausnahmeregelung war übersehen worden – in der Folge könnten die belasteten Teile in Millionen Autos weltweit verbaut worden sein. Im Fall von Continental kamen seit 2016 zu stark bleihaltige Bauteile in Umlauf. Die Kondensatoren selbst erhielten die Hannoveraner von einem chinesischen Hersteller.

Conti waren die zu großen Mengen selbst aufgefallen, das Unternehmen hatte das Problem den Behörden im Juni des vorigen Jahres gemeldet. Die überhöhten Blei-Konzentrationen sollen mit durchschnittlich 0,3 Milligramm je Komponente oberhalb des Grenzwerts noch relativ gering gewesen sein. „Das Fahrverhalten, die Emissionen sowie die Sicherheit werden durch die Verwendung nicht beeinträchtigt. Darüber hinaus werden die potenziell nicht konformen Bleimengen mit den gesetzlich zulässigen Anteilen im Recyclingprozess zusammen zurückgewonnen.“

Es gebe nun die interne Verpflichtung, „künftig grundsätzlich alle Komponenten gemäß den Grenzwerten der Altfahrzeug-Richtlinie auszulegen“, erklärten die Hannoveraner. Bei Bosch hieß es, man habe „seinerzeit die Auslieferung betroffener Produkte sofort gestoppt und in Abstimmung mit den Kunden die Lieferung auf richtlinienkonforme Teile umgestellt“.

„Die Autohersteller und ihre Zulieferer müssen ihr Qualitätsmanagement dringend verbessern“, sagt Fischer von der DUH, „aber nicht nur das, sondern auch beim Vollzug von Umweltgesetzen müssen die Länder mehr machen.“ Gerade die Ereignisse rund um den Dieselskandal hätten doch gezeigt, dass in der Autobranche ganz genau hingeschaut werden sollte – auch beim Blei.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.