BBC-Spitze: Der Chef geht

Der BBC-Generaldirektor Mark Thompson will im Sommer vorzeitig zurücktreten. Die olympischen Sommerspiele in London will er noch als Chef des Senders erleben.

Denkt an Rückzug: BBC-Chef Mark Thompson. Bild: dpa

Er war eher durch einen blöden Zufall Chef der großen öffentlich-rechtlichen Anstalt geworden. Jetzt mag er nach acht nicht unerfolgreichen Jahren plötzlich nicht mehr: BBC-Generaldirektor Mark Thompson will im Sommer abtreten – nach den von der BBC übertragenen Olympischen Spielen, versteht sich.

Er wolle seinem Nachfolger die Chance geben, „sich fest zu etablieren, bevor die nächste Verlängerung der BBC-Charter ansteht“, schrieb Thompson zur Begründung in einer Email an die BBC-MitarbeiterInnen. Die BBC und ihre Finanzierung durch Rundfunkgebühren gründen auf einer so genannten Royal Charter, die alle zehn Jahre vom Parlament verlängert werden muss. Theoretisch könnte dabei die Regierungsmehrheit auch die Auflösung oder deutliche Verkleinerung der BBC durchsetzen. Die aktuell gültige Charter lauft im Dezember 2016 aus.

Ein solcher Frontalangriff auf die von konservativen Regierungen immer skeptisch beäugte BBC ist aktuell zwar nicht zu erwarten. Allerdings hatte Premierminister David Cameron angekündigt, im Zuge der Aufarbeitung des Murdoch-Phonehacking-Skandals auch die BBC auf den Prüfstand zu stellen.

Wie bei den Murdoch-Medien soll die Rolle der BBC im politischen Geschäft der Insel untersucht werden – und ob sie sich an die Charter-Vorgabe, unparteilich und ausgewogen zu sein, hält. Für den konservativen Premier ist dabei klar, wie das Ergebnis aussieht: Der BBC hatte er schon im Sommer 2011 indirekt vorgeworfen, zu mächtig und vor allem „zu links“ zu sein.

Dass Thompson trotz einer insgesamt erfolgreichen Bilanz nach acht Jahren an der BBC-Spitze abtritt, dürfte auch mit diesen anstehenden politischen Spielchen zusammenhängen – und ihn an die Umstände erinnern, wie er 2004 ins Amt kam: Damals hatte die amtierende Labour-Regierung unter Tony Blair Thompsons Vorgänger Greg Dyke wegen zu kritischer Berichterstattung der BBC über die Haltung und Betrügereien der Regierung in Sachen Irak-Krieg über die Klinge springen lassen.

Manche Kröte geschluckt

Anders als bei den deutschen Öffentlich-Rechtlichen ist der politische Einfluss bei der BBC stärker und direkter, aber dafür auch transparenter. Zwar genießt auch die BBC eine gewisse Selbstaufsicht durch den BBC-Trust. Dieser ist aber nicht mit den Gremien von ARD und ZDF vergleichbar, seine Mitglieder werden direkt vom Medien- und Kulturministerium der Regierung ernannt. Außerdem untersteht die BBC auch teilweise der zentralen Medienregulierungsbehörde Ofcom – was bei ARD und ZDF ebenfalls undenkbar wäre.

Auch Thompson musste in seiner Amtszeit manche Kröte schlucken. Der BBC-Generaldirektor ist als Editor in Chief gleichzeitig auch oberster Chefredakteur des Senders. Unter ihm gab es zwar weniger direkte Einmischung in die redaktionellen Angelegenheiten als zu Greg Dykes Zeiten. Dafür musste Thompson heftige strukturelle Veränderungen umsetzen: Die Rundfunkgebühren wurden eingefroren, was langfristig zum Verlust von rund 2.000 Jobs bei der BBC führen wird.

Thompson hatte 2010 daher ein Konzept vorgelegt, nachdem die BBC weniger, aber aufwändigeres und besseres Programm produzieren sollte. Zudem wurden auf Druck der Regierung mehrere BBC-Abteilungen mit über 1.000 MitarbeiterInnen von London ins nordenglische Salford bei Manchester verlegt.

Nun wird der BBC-Trust, der in einer Pressemitteilung Thompson artig dankte, nach eineR NachfolgerIn suchen. Für die ergeben sich schon heute klare Veränderungen: Thompson verdient aktuell inklusive Zulagen 834.000 Pfund (1,002 Mio Euro) im Jahr. Auch darüber gab es Zoff – und für die NachfolgerIn gibt es garantiert deutlich weniger.

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