BER: Der letzte Termin - wirklich?

In genau einem Jahr soll der Hauptstadtflughafen an den Start gehen. Momentan ist es dort ziemlich ruhig. Laut gestritten wird weiter über die Verantwortung des Flughafenchefs.

Statt Baustellengetümmel herrscht Ruhe dort, wo eigentlich schon längst der Hauptstadtflughafen BER eröffnet haben sollte. Bild: DPA

Hätte alles geklappt, dann könnte der Hauptstadtflughafen nächste Woche seinen ersten Jahrestag feiern. Doch es ist einiges schiefgegangen, und deshalb wird es noch ein weiteres Jahr dauern, bis die ersten Fluggäste vom neuen Flughafen Berlin Brandenburg in Schönefeld abfliegen oder dort ankommen werden. Am 27. Oktober 2013 soll es endlich so weit sein - "dann geht der BER ans Netz", sagte der neue Technikchef Horst Amann Anfang September bestimmt.

Die Glaubwürdigkeit der Verantwortlichen hat aber nach dreimaliger Verschiebung des Eröffnungstermins schwer gelitten. Der Zank um die Schuldfrage hat einen neuen Höhepunkt erreicht. Ob nach Planungschef Manfred Körtgen auch der Sprecher der Geschäftsführung Rainer Schwarz mit Verspätung den Hut nehmen muss, dürfte sich im Aufsichtsrat am 1. November entscheiden.

Fast ein halbes Jahr herrscht nun nahezu Baustille im neuen Abfertigungsgebäude. Anfang Mai wurde die damals für den 3. Juni geplanten Inbetriebnahme abgesagt. Die Brandschutzanlage funktionierte nicht, die Behörden verweigerten die Genehmigung. Der aus Frankfurt geholte Chefplaner Amann verwarf die Ausführungspläne und kalkulierte die Abläufe teils mit Fachleuten seines Vertrauens neu.

Die Phase der Bestandsaufnahme sei abgeschlossen, heißt es bei der Flughafengesellschaft. Im Terminal sind die Bildschirme an den Check-in-Schaltern in Plastikfolien gehüllt. Reinigungstrupps sorgen dafür, dass die neue Halle nicht gleich wieder einstaubt. Eigentlich fehlen nur noch Personal und Passagiere. Auffällig sind die überall im Gebäude offenstehenden Klappen an den Decken. Dahinter verbirgt sich die Hauselektronik.

Inzwischen haben Techniker begonnen, Kabel für die Steuerung der Sicherheitstechnik in den überbelegten Schächten neu zu verlegen. Das Durcheinander war im Frühjahr entstanden, als die Brandschutzanlage mit Hochdruck fertiggestellt werden sollte - vergeblich. Anders als befürchtet muss die Anlage mit ihrer komplexen Rauchabsaugetechnik aber nicht komplett, sondern nur teilweise umgebaut werden.

Nach Amanns Neuplanung sollen die Bauarbeiten bis etwa Ende Mai 2013 beendet sein. Danach beginnt eine fünfmonatige Probephase, in der alle Abläufe im Abfertigungsgebäude auch im Zusammenspiel getestet werden. Mit der Gepäckanlage gebe es keinerlei Probleme, sagt Flughafensprecher Ralf Kunkel. Die sei "x-fach getestet".

Keine Ruhe gibt es für Rainer Schwarz, der sich immer wieder dem Vorwurf ausgesetzt sieht, viel früher als zugegeben gewusst zu haben, dass der Eröffnungsgermin 3. Juni nicht eingehalten werden kann. Als angebliche Belege kursieren Zwischenberichte und Briefe der Beratungsfirma McKinsey und der Architektengemeinschaft PG BBI. Demnach waren schon im Dezember 2011 die Risiken eines Scheiterns groß. Schwarz besteht darauf, dass die Projektbeteiligten zwar Risiken sahen, aber - wie er selbst - noch bis Anfang Mai an eine pünktliche Flughafeneröffnung glaubten.

Schwarz steht auch zwischen den Fronten, die Vertreter der Bundesregierung einerseits sowie die SPD-regierten Länder Berlin und Brandenburg andererseits bilden. Der Bund hält 26 Prozent der Anteile am Flughafen, die Länder Berlin und Brandenburg je 37 Prozent. Die Landesregierungschefs Klaus Wowereit und Matthias Platzeck, zugleich Vorsitzender des Flughafen-Aufsichtsrats und Stellvertreter, stützen den Flughafenchef. FDP-Generalsekretär Patrick Döring und das Verkehrsministerium von Peter Ramsauer (CSU) erhöhten zuletzt den Druck auf ihn. Döring drohte sogar mit einer Blockade von 312 Millionen Euro, die zur Deckung von Mehrkosten nötig sind.

Der Chef der brandenburgischen Staatskanzlei, Albrecht Gerber, empörte sich: "Es ist unglaublich, dass der Minderheitsgesellschafter Bund die Freigabe der notwendigen Finanzierungsmittel verzögert, um koalitionsinterne Scharmützel zu schlagen, statt sich im Interesse der Menschen in der Region um die Verwirklichung des wichtigsten Infrastrukturprojekts Ostdeutschlands zu kümmern."

Eine Klärung wird in der Sitzung des Aufsichtsrats am Donnerstag kommender Woche erwartet. Eine Sonderkommission des Bundesministeriums empfiehlt dem Gremium zu prüfen, inwieweit Schwarz und Körtgen für eine mangelhafte Unterrichtung des Aufsichtsrats haftbar zu machen sind. (dpa)

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