BGH-Urteil zu Swap-Verträgen: Hoffnung für Hückeswagen

Der BGH fordert in einem Urteil klare Beratungen von Banken. Die NRW-Kommune muss daher Verluste aus Zinswetten der WestLB wohl nicht tragen.

Slogan der Bank WestLB

Die Kommune klagte gegen sie: die Bank WestLB Foto: dpa

KARLSRUHE taz | Der Bundesgerichtshof (BGH) hat Kommunen gestärkt, die wegen spekulativer Zinswetten gegen ihre Bank klagen. In der Regel hätten die Banken ihre Beratungspflichten verletzt, so der BGH, Ausnahmen seien eng auszulegen.

Konkret ging es um die Stadt Hückeswagen, eine Kommune mit 16.000 Einwohnern. Wie viele Kommunen in Nordrhein-Westfalen war sie stark verschuldet und nahm deshalb ab 2005 Angebote der WestLB zur „Zinsoptimierung“ an. Dabei handelte es sich um Finanzderivate: Wetten auf eine bestimmte Zinsentwicklung, sogenannte Swap-Verträge.

Als die Wetten, wider Erwarten, ungünstig verliefen, bot die WestLB eine Umstrukturierung an. Alte riskante Swaps wurden durch neue, noch riskantere Swaps ersetzt. Nun wurde auch auf die Entwicklung des Franken zum Euro gewettet. Und es kamen „Hebel“ ins Spiel, die aus kleinsten Änderungen am Kapitalmarkt große Folgen für die Verträge generierten.

Nach Darstellung der Bank war die Kommune die treibende Kraft beim Gang in immer höhere Risiken. „Aus politischen Gründen wollte man offensichtlich die Verluste nicht abschreiben und hoffte, die Lage irgendwie doch noch drehen zu können“, sagte Bankanwalt Rainer Hall. Die Kommune dagegen sieht sich von der Bank zu Spekulationen verführt, die sie von sich aus nie getätigt hätte. Man habe der WestLB vertraut, weil sich die Sparkassen-Mutter stets als „Teil der kommunalen Familie“ dargestellt habe.

20 Millionen Euro Streitwert

Seit 2011 klagt Hückeswagen gegen die WestLB und ihre „Bad Bank“, die Erste Abwicklungsanstalt (EAA). Der Streitwert beträgt immerhin knapp 20 Millionen Euro. Die Stadt war durch ein erstes BGH-Grundsatzurteil von Anfang 2011 ermutigt worden. Damals hatten die Richter festgestellt, dass Banken, die ihre Kunden über die Struktur von Swap-Geschäften nicht richtig aufklären, Schadenersatz zahlen müssen.

Während die Kunden glaubten, die Bank verdiene nur, wenn die Wette zu ihren Gunsten ausgehe, verdiene die Bank immer, weil sie ihre Kosten und Gewinnmarge in den Swap-Vertrag einpreise, sodass dieser mit einem „negativen Marktwert“ starte. Auf dieser Grundlage entschied das Oberlandesgericht (OLG) Köln im August 2014 zugunsten von Hückeswagen.

Doch die EAA ging in die Revision. Sie berief sich dabei nicht zuletzt auf ein einschränkendes BGH-Urteil vom April 2015, indem im Fall der Stadt Ennepetal die Anforderungen an die Beratungspflicht der Banken eingeschränkt wurden. Sie hätten die Swap-Struktur nur bei spekulativen Geschäften offenlegen müssen, nicht bei der Absicherung eines soliden Grundgeschäfts, etwa eines Kredits.

Wahrscheinliche Verhandlung über Vergleich

Hückeswagen hatte nun aber auch in der Revision weitgehend Erfolg. Der BGH legte die Anforderungen an das Grundgeschäft sehr eng aus. Wenn ein Kredit durch Swaps abgesichert wurde, dann müsse es ein Kredit der gleichen Bank sein. Außerdem dürfe die Absicherung keinerlei spekulative Elemente enthalten. Unproblematisch seien nur Umwandlungen von variablen in feste Zinssätze und umgekehrt. Beide Bedingungen waren im Fall Hückeswagen nicht erfüllt, sodass auch der BGH von einer Verletzung der Beratungspflicht durch die Bank ausging.

Wegen kleiner Aufklärungsmängel wurde das Kölner Urteil dennoch aufgehoben und der Fall an das OLG Köln zurückverwiesen. Vermutlich werden Hückeswagen und die EEA nun über einen Vergleich verhandeln.

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