BGH-Urteil zur Steuerhinterziehung: Wer eine Million hinterzieht, muss sitzen

Schon 2008 hatte der BGH härtere Strafen für Steuersünder gefordert, doch nicht alle Gerichte folgten. Auch ein Geständnis müsse nicht unbedingt zur Strafmilderung führen, so die Richter.

Möchte Millionen-Betrüger hinter Gittern sehen: Der Bundesgerichtshof in Karlsruhe. Bild: dpa

KARLSRUHE dpa | Wer Steuern in Höhe von mehr als einer Million Euro hinterzieht, muss in der Regel ins Gefängnis. Eine Bewährungsstrafe komme nur bei besonders gewichtigen Milderungsgründen infrage, entschied der Bundesgerichtshof in einem am Dienstag verkündeten Urteil. Damit bestätigte er seine bisherige Rechtsprechung.

Die Karlsruher Richter hoben das Urteil gegen einen ehemaligen Unternehmer aus Bayern auf, der insgesamt mehr als 1,1 Millionen Euro an Steuern hinterzogen hatte und zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren auf Bewährung verurteilt worden war. Die Strafzumessung sei fehlerhaft, urteilte der BGH (Az. 1 StR 525/11).

Dabei stellte der BGH klar: Nur besonders gewichtige Milderungsgründe können in solchen Fällen eine Bewährungsstrafe rechtfertigen. So hätte das Landgericht nicht mildernd berücksichtigen dürfen, dass der Angeklagte einen Steuerberater hinzugezogen hatte. "Ob das ein Milderungsgrund ist, wenn man sich von seinem Steuerberater über die Frage beraten lässt: ,Wie hinterziehe ich Steuern möglichst gut?'", fragte der Vorsitzende Richter Armin Nack mit leiser Ironie.

Auch ein Geständnis müsse nicht unbedingt zur Strafmilderung führen, sagte Nack. "Wenn die Unterlagen alle in den Händen der Ermittlungsbehörden sind, hat das sicherlich kein großes Gewicht." Denn dann bleibe ohnehin nicht mehr viel zu bestreiten. Auch die Nachzahlung der fälligen Steuern dürfte nach der Entscheidung des BGH Steuerbetrüger nicht viel helfen: "Damit wird nur das geleistet, was jeder sowieso leisten muss", betonte Nack.

Falsche Einkommensteuererklärung

Der Angeklagte hatte im Zusammenhang mit einem Unternehmensverkauf Aktien im Wert von 7,2 Millionen DM erhalten, in seiner Einkommensteuererklärung aber falsch deklariert. Deshalb berechnete ihm das Finanzamt knapp 900.000 Euro zu wenig. Anschließend ließ er sich einen Trick einfallen, um auch für seine Einnahmen als Geschäftsführer weniger Steuern zahlen zu müssen: Er verzichtete zum Schein auf ein Gehalt und veranlasste die "Schenkung" des Geldes an seine Frau und seine Kinder. Die Schenkungsteuer war wesentlich niedriger als die eigentlich fällige Lohnsteuer – damit hinterzog der Angeklagte nochmals 240.000 Euro.

Erschwerend ist nach Ansicht der Richter in diesem Fall zu berücksichtigen, dass der Angeklagte falsche Unterlagen hergestellt hatte, um eine Schenkung vorzutäuschen. In einem solchen Fall handele es sich in der Regel um eine besonders schwere Tat.

Bereits 2008 hatte der BGH in einem Grundsatzurteil entschieden, dass bei Steuerhinterziehung in Millionenhöhe die Strafe in der Regel nicht zur Bewährung ausgesetzt werden kann. Dennoch wurden auch danach immer wieder Steuerkriminelle zu Bewährungsstrafen verurteilt, obwohl die hinterzogenen Beträge an oder über der Millionengrenze lagen.

"Das Urteil setzt ein deutliches Signal an die Instanzgerichte", sagt der Berliner Strafverteidiger und Steuerrechts-Experte Carsten Wegner: "Der BGH meint die Millionengrenze sehr ernst." Die Entscheidung könnte dazu führen, dass Angeklagte eher versuchen, in erster Instanz mit einem Deal zu einem milden Urteil zu kommen – solche Fälle gelangen nicht zum BGH, wenn alle Beteiligten auf Rechtsmittel verzichten.

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