BKA-Reform: Online oder nichts

Innenminister Schäuble pokert hoch. Damit Polizisten heimlich auf Festplatten stöbern können, riskiert er eine Hängepartie bei der BKA-Reform.

Setzt alles auf eine Karte: Wolfgang Schäuble Bild: dpa

Innenminister Wolfgang Schäuble (CDU) pokert hoch. Sein Ziel: Er will sowohl das Bundeskriminalamt (BKA) zur Präventivpolizei ausbauen als auch die hoch umstrittene Onlinedurchsuchung einführen. Die Rechtsexperten der SPD, wie zum Beispiel Bundesjustizministerin Brigitte Zypries, wollen aber die heimliche Ausspähung auf Computerfestplatten erst noch diskutieren. Schäuble setzt nun alles auf eine Karte. Ohne Onlinedurchsuchung will er die BKA-Reform gar nicht erst im Kabinett beschließen lassen. Die Folge: Das BKA bekommt bis auf weiteres gar keine neuen Befugnisse.

Die harte Haltung des Innenministers könnte der SPD nutzen. Denn jetzt steht der Innenminister als Blockierer da. Ihm ist die BKA-Reform offensichtlich weniger wichtig als sein Prestigeprojekt, der Bundestrojaner. Schäuble kann aber auch gewinnen. Wenn die SPD in einigen Wochen der Onlinedurchsuchung doch zustimmt, dann hat er alles bekommen, was er wollte. Immerhin halten einige SPD-Politiker, wie der innenpolitische Sprecher Dieter Wiefelspütz, den Einsatz von Spionagesoftware gegen Terroristen und Schwerkriminelle grundsätzlich für richtig.

Im 74-seitigen Gesetzentwurf zur Novelle des BKA-Gesetzes, der der taz vorliegt, sucht man das Wort "Onlinedurchsuchung" zwar vergebens. Dort ist nur etwas vage vom "heimlichen Zugriff auf informationstechnische Systeme" die Rede. Die Formulierung wurde aber bewusst so gewählt, damit verschiedene Vorgehensweisen der Polizei erfasst werden. Zum einen könnte sie den Inhalt einer Festplatte, zum Beispiel über eine bestehende Internetverbindung, auf einen Polizeicomputer kopieren. Zum anderen könnten jedoch auch über einen längeren Zeitraum die Tasteneingaben auf dem Computerkeyboard mithilfe eines "key-loggers" protokolliert werden.

Die Maßnahme müsste von Gericht genehmigt werden, zuständig wäre das Amtsgericht Wiesbaden. Den Antrag könnte nur BKA-Präsident Ziercke oder einer seiner Stellvertreter stellen. Die Computerüberwachung würde für zunächst maximal drei Monate genehmigt, wenn die Abwehr von Terrorangriffen auf anderem Wege "wesentlich erschwert" wäre. Eine Verlängerung ist möglich.

Die Lösung des Koalitionsstreites soll nun eine Arbeitsgruppe unter Leitung von Innenstaatssekretär August Hanning bringen, an der auch Beamte des Justizministeriums sowie Abgeordnete von SPD und CDU/CSU teilnehmen. Das Bundesinnenministerium drückt aufs Tempo. In den nächsten sechs Wochen sind mehrere Termine geplant.

Wiefelspütz jedoch will auf eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts warten, sagte er jüngst im taz-Interview (taz vom 29. 6. 2007). Das muss sich mit Onlinedurchsuchungen durch den NRW-Verfassungsschutz beschäftigen. Eine mündliche Verhandlung wird für den Herbst erwartet, das Urteil könnte dann im Januar erfolgen.

Viel zu spät, findet Schäuble. Er will das Thema offensichtlich aus dem kommenden Bundestagswahlkampf heraushalten. Wenn die Privatsphäre der Bürger zu sehr betroffen ist, scheinen härtere Antiterrorgesetze also kein Winner-Thema zu sein.

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