BND-Agenten und der Bombenanschlag: Celler Loch im Kosovo

Drei BND-Mitarbeiter wurden auf dem Balkan verhaftet. Sie sollen in einen terroristischen Anschlag verwickelt sein. Quatsch, meint die Regierung. Aber kann es nicht irgendwie doch möglich sein?

30 Tage Untersuchungshaft für die "braven" deutschen Agenten. Bild: dpa

"Die Vorstellung, dass deutsche Stellen in terroristische Anschläge verwickelt sein könnten, ist absurd," kommentierte der Sprecher der Bundesregierung den Fall der im Kosovo inhaftierten BND-Mitarbeiter, denen die Beteiligung an einem Bombenanschlag vorgeworfen wird: "Die Bundesregierung weiß, was deutsche Stellen im Ausland tun, und deshalb kann ich hier mit Fug und Recht sagen, dass das ausgeschlossen ist."

Völlig ausgeschlossen schien es auch einmal, dass waffenfähiges Plutonium in Passagierflugzeugen nach München geschmuggelt wird und der BND dieses Geschäft eingefädelt hatte, doch genau dies war 1995 im Rahmen der "Operation Hades" geschehen. Solche "Parallel-Politik der Verschwörung", wie sie der Spiegel den deutschen Geheimdiensten nach dem Bekanntwerden der Affäre vorwarf, kann auch nicht einfach als Einzelfall abgetan werden. Erinnert sei nur an das berüchtigte "Celler Loch", das vom Verfassungsschutz 1978 in die Mauer des Gefängnisses in Celle gesprengt worden war, um einen Ausbruch des mutmaßlichen RAF-Mitglieds Sigurd Debus vorzutäuschen. Im "Fluchtauto" wurde ein Pass mit dem Bild von Debus deponiert, in seiner Zelle hatte man Ausbruchswerkzeug versteckt, das dann "gefunden" wurde. Dass deutsche Geheimdienste derart vorgehen, schien damals ebenfalls "absurd" und "ausgeschlossen", erst acht Jahre später kam ihre Täterschaft ans Licht.

Angesichts solcher Vorgeschichten gibt es durchaus Gründe, illegale Aktivitäten der drei verhafteten BND-Mitarbeiter nicht von vornherein als "absurd" vom Tisch zu wischen. Bei der Frage nach dem Motiv indessen ist man, wie bei Geheimdienstfällen üblich, auf Spekulationen angewiesen - und ein unmittelbar nachvollziehbarer Grund, warum deutsche Schlapphüte internationale Einrichtung im Kosovo bombardieren sollten, liegt nicht auf der Hand. Im Inland, wo Terrorhysteriker vom Kaliber Schäuble ihre Sicherheitsgesetze durchdrücken wollen, mag ein spektakuläres Bömbchen strategisch zupasskommen, doch wenn es in einer ehemaligen serbischen Provinz kracht, juckt das hierzulande kaum. Als Beweis für die Täterschaft führen die kosovarischen Behörden ein Video an sowie Informationen eines anderen "wichtigen Landes". Wer aber könnte Interesse haben, den BND im Kosovo zu entblößen? Hier sind wir dann mitten in einem John-le-Carré-Roman, einem Intrigenspiel verschiedener Geheimdienste und bei den Mutmaßungen, was dahinterstecken könnte, bei der Regel Nr.1: Follow the Money.

Seit mit dem Afghanistankrieg die dortige Opiumproduktion angekurbelt wurde, gilt für das Heroingeschäft die Balkanroute als wichtigstes Einfallstor nach Westen - und wie in Afghanistan überließen USA und Nato dieses Geschäft als lukrative Finanzierungsquelle ihren verbündeten Warlords.

Im Kosovo war es die UÇK, der man seinerzeit auch noch einige Kämpfer von Bin Ladens al-Qaida zur Seite gestellt hatte. Die UÇK finanzierte sich vor allem aus dem Drogengeschäft und tut dies, obwohl mittlerweile an der Regierung, mit ziemlicher Sicherheit immer noch. Dass die drei BND-Agenten sich mit der lokalen "Mafia" angelegt hätten und deshalb ins Gefängnis gewandert sind, ist eher unwahrscheinlich. Mafiosi pflegen ihre Gegner anders zu beseitigen als durch ein Outing als "Terroristen". Dies, zusammen mit dem verwackelten Video und dem "wichtigen Land", deutet dann doch eher auf die militärische und geheimdienstliche Nr. 1 im Protektorat Kosovo: die USA und ihre CIA. Letztere beschwört nur immer wieder, keinesfalls irgendetwas mit illegalen Geschäften zu tun zu haben. Doch die Liste ihrer diesbezüglichen Vergehen ist lang, von Vietnam über "Iran-Contra" bis heute. Dass die als "Investitionsberater" im Kosovo agierenden BND-Mitarbeiter von solchen Geschäften Wind bekommen hatten und deshalb auf elegante Weise abserviert wurden, scheint - im derzeitigen Halbdunkel der Spekulation - eine zumindest plausible Variante. Und, was Deutschland betrifft, die harmlosere, weil die Amis dann die Bösen wären. Dass indessen auch "braven" deutschen Agenten die eine oder andere Bombe zuzutrauen ist - auch dieser Verdacht ist damit noch nicht vom Tisch.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.