Baden-Württembergs Wirtschaft zufrieden: Lobby lobt Grüne fürs Zuhören

Ein Jahr nach der Landtagswahl findet die Wirtschaft viele lobende Worte für die neue Regierung in Stuttgart. Trotz einiger inhaltlicher Differenzen könne man über alles reden.

„Alter, ich schwöre“, Winfried Kretschmann bei seiner Vereidigung 2011. Bild: dapd

STUTTGART taz | Es ist genau ein Jahr her, dass selbst der sonst so bescheidene Winfried Kretschmann von einer „historischen Wende“ sprach. An jenem 27. März 2011 schafften die Grünen in Baden-Württemberg nicht nur den Regierungswechsel nach 58 Jahren CDU-Macht, sondern durften erstmals den Regierungschef stellen – und das ausgerechnet in dem wachstumsstarken Industriestandort. Was damals an Beifallsbekundungen aus der Wirtschaft kam, war allenfalls ein „Wir respektieren das Wahlergebnis“. Ein Jahr später gibt es hingegen Lob.

„Es gab damals schon eine ganze Menge an Vorbehalten“, sagt der Chef des Landesverbands der Industrie (LVI), Hans-Eberhard Koch, der taz. „Inzwischen sehen wir aber eine völlig unideologische, pragmatische Politik.“ Vor allem lobt er einen „konstruktiven und offenen Dialog“ mit der Koalition. „Das Versprechen, im Dialog zu regieren, ist gehalten worden.“

Auch Peter Kulitz ist vom grün-roten Politikstil angetan. Der Landesvorsitzende der Industrie- und Handelskammer (IHK) gibt zu, dass manches sogar besser sei als zu CDU-Zeiten. „Die neue Regierung hört tatsächlich gut zu und gibt einem nicht das Gefühl, sie wüsste schon alles.“

Sympathien genießt vor allem die Person Kretschmann. Kulitz erinnert sich etwa an den Frühlingsempfang der IHK in Heilbronn. Vor 800 Unternehmern hielt Kretschmann eine Rede. „Den Applaus hätten Sie mal erleben müssen!“ Kulitz habe das Gefühl, dass der Ministerpräsident von Monat zu Monat dazulerne.

Ideologiebelastete Verkehrspolitik

Wenn es derzeit Sorgen gebe, dann inhaltliche. „Zuhören ist das eine, umsetzen das andere“, sagt Kulitz. Vor allem in der Verkehrspolitik stecke noch viel Ideologie, etwa beim Straßenneubau. Grün-Rot legt den Schwerpunkt auf den Erhalt. Kulitz: „Da fehlt die Leidenschaft, um viel Geld ins Land zu holen.“

Den Aspekt spricht auch der Präsident des Verbandes der Automobilindustrie (VDA), Matthias Wissmann, an. „Wir begrüßen, dass die Landesregierung neue Mobilitätskonzepte und alternative Antriebe fördert und Erhalt und Modernisierung des Verkehrsnetzes vorantreibt“, sagt er. „Allerdings ist auch der Ausbau einiger Straßenverkehrsadern dringend notwendig.“

LVI-Präsident Koch nennt unter anderem Themen wie die Abschaffung der Hochschulräte oder die Haushaltspolitik als potenzielle Konfliktpunkte. Doch das Wichtigste sei, alles offen ansprechen zu können. Und das sei bislang der Fall.

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