Baerbock in Zentralasien: Bodenschätze versus Bürgerrechte

Die Außenministerin ist in Kasachstan und Usbekistan unterwegs. Dabei signalisiert Baerbock ein klares Interesse an wirtschaftlicher Kooperation.

Annalena Baerbock mit einer Delegation im Foyer eines Gebäudes

Empfang beim usbekischen Kollegen: Außenministerin Annalena Baerbock am 1. November in Taschkent Foto: Florian Gaertner/imago

TASCHKENT taz | Die nächste Station in Zentralasien: Taschkent. Nach Kasachstan reist Bundesaußenministerin Annalena Baerbock weiter nach Usbekistan. Auch hier gibt es engste Verbindungen nach Russland und nach China. Noch größer sind die Schätze an seltenen Erden, an Gold, Silber und Kupfer. Und noch größer sind auch die Fragen, wenn es um Bürgerrechte, um Versammlungsrechte, um den Kampf gegen Kinderarbeit oder Umweltschutz geht.

Baerbock hat zudem auch nicht vergessen, wie sehr das zentralasiatische Entwicklungsland 2021 zu dem Drehkreuz wurde, das für Tausende Menschen die Rettung bedeutete. Als die Taliban im August 2021 das Regime in Afghanistan übernahmen, konnten viele Ortskräfte, darunter bedrohte Menschen, über Taschkent ausgeflogen werden. Nicht nur nach Deutschland, sondern auch in andere EU-Staaten, in die USA und nach Kanada. Zugleich war die Strecke der Versorgungsweg für Lebensmittel, Kleidung, medizinisches Material. „Für diese Solidarität sind wir mehr als dankbar“, sagte die deutsche Außenministerin nach einem Treffen mit ihrem usbekischen Amtskollegen Wladimir Norow in Taschkent.

Auch ein gutes Jahr später soll die Aufnahme gefährdeter Menschen aus Afghanistan in Deutschland weiter vorangehen. Baerbock verwies auf das Bundesaufnahmeprogramm, das sie mit Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) vereinbart hat. 1.000 Menschen pro Monat sollen in Deutschland aufgenommen, und die Ausreise soll auch über Usbekistan vereinfacht werden. Vor allem in Pakistan warten bisher Tausende Geflüchtete auf eine Möglichkeit, weiterzureisen. Doch Baerbock macht auch klar: Das Taliban-Regime werde nicht anerkannt. Sie haben den Menschen ihre Freiheit genommen, sagt sie: „Den Frauen rauben die Taliban ihr Recht auf Freiheit, auf Zukunft, auf Leben. Denn: Überleben ist etwas anderes als leben.“

Der Krisenherd Afghanistan – er liegt vor der Haustür Usbekistans. Die Regierung in Taschkent aber will die Taliban nicht isolieren. Man könne dieses Land mit diesen Problemen nicht allein lassen, sagt Norow. Aus usbekischer Sicht ist auch die internationale Sicherheit und die des eigenen Landes in Gefahr, wenn es keine guten Vereinbarungen mit den Taliban gibt. Norow appelliert zudem an die Weltgemeinschaft, Afghanistan nicht im Stich zu lassen. Der Zustand für die Menschen vor Ort wäre katastrophal und im Winter dürfte sich die Lage verschlimmern.

Seitenhieb in Richtung Kanzleramt

In Usbekistan will Baerbock auch über China sprechen, das verstärkt auf die reichhaltigen Bodenschätze des zentralasiatischen Landes zugreifen möchte. Wie wichtig die Unabhängigkeit von China ist, macht die Bundesaußenministerin in Taschkent einmal mehr mit einem Seitenhieb in Richtung Kanzleramt klar. Bundeskanzler Olaf Scholz will in dieser Woche nach China reisen. Baerbock verweist in Taschkent auf die Vereinbarungen im Koalitionsvertrag: Faire Wettbewerbsbedingungen, Menschenrechte, die Anerkennung von internationalem Recht seien die Grundlage für alle internationalen Kooperationen. Angesprochen auf den Zeitpunkt der Reise verweist sie auf die Entscheidung des Kanzlers.

Wie in Kasachstan geht es Baerbock in Usbekistan auch um ein Signal an die Staaten: Wir wollen mit euch zusammenarbeiten – unter bestimmten Bedingungen. Begleitet wird die Außenministerin von einer Wirtschaftsdelegation. Derzeit sind rund 200 deutsche Unternehmen in Usbekistan tätig, viele als Zulieferer oder Ausrüster. Die Bundesregierung fördert zudem Aus- und Bildungsprogramme vor Ort.

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