Basketball-Standort Hamburg: Der Aufstieg kann warten

Die Hamburg Towers sind erfolgreich in ihre erste Basketball-Saison gestartet. Die erste Heimniederlage hilft, die Erwartungen der Fans zu zügeln.

"Wohnzimmer" auf der Elbinsel: Die Blumenhalle der Towers. Bild: dpa

HAMBURG taz | Bei der Schlusssirene herrscht Fassungslosigkeit in der Blumenhalle in Hamburg-Wilhelmsburg. Basketball-Zweitligist Hamburg Towers erlebt seine erste Heimniederlage: Nach einer umjubelten Aufholjagd vertändelt das Team in den letzten Sekunden noch den sicher geglaubten Sieg. 72:74 für die Finke Baskets aus Paderborn heißt es am Ende.

Es ist offenkundig: Die Mannschaft von Trainer Hamed Attarbashi, darunter vier gebürtige Hamburger, zwei US-Amerikaner, ein Kanadier und zwei Nachwuchsakteure, ist längst noch nicht eingespielt. Gefeiert werden sie dennoch. Ältere Zuschauer schwärmten davon, wie schön es sei, nach einer gefühlten Ewigkeit in Hamburg mal wieder einen Basketballkrimi auf Bundesliga-Niveau erleben zu dürfen.

Nun stehen die Towers nur noch auf Platz 4. Nur noch? Die Ansprüche sind schnell gewachsen bei den Hamburger Basketball-Fans. Sie gehen zu einem Club, den es vor ein paar Monaten noch gar nicht gab.

Geburtshilfe von Verband und Politik

Dass heute hier, auf der Elbinsel Wilhelmsburg, semiprofessionelles Basketball geboten wird, ganz ohne Aufstiegs-Ochsentour, beruht in mehrerlei Hinsicht auf politischen Entscheidungen: Die Basketball-Bundesliga wollte unbedingt am finanzstarken Standort Hamburg ein Team installiert wissen und spendierte deshalb eine Wildcard für die 2. Bundesliga ProA. Und die Stadt Hamburg hatte beschlossen, den lange vernachlässigten Stadtteil aufzuwerten und dort deshalb eine Internationale Bauausstellung nebst Gartenschau ausgerichtet.

Da trat Marvin Willoughby auf den Plan, ein früherer Basketball-Profi, der in Wilhelmsburg geboren ist. Seit Jahren verbindet er dort Sozialarbeit mit Basketball. Und dann fragte er irgendwann den Geschäftsführer der Gartenschau, was denn mit der Blumenhalle passiere, wenn sie nicht mehr gebraucht werde. Als dieser mit den Achseln zuckte, fragte Willoughby: Warum nicht eine Basketballarena?

Plötzlich war eine nagelneue Halle zu haben

Vor zwei Wochen war Willoughby, Identifikationsfigur, Rückgrat und Sportdirektor der Towers, am Ziel: Nach vier Auswärtspartien in Folge war die Inselpark-Halle endlich bereit für das Heimdebüt gegen den deutschen Rekordmeister, die Bayer Giants Leverkusen. Schlachtenbummler trommelten, ein DJ legte Hip-Hop auf, Cheerleader schüttelten ihre Haare, Rapper Das Bo gab ein Ständchen – und die Gastgeber holten sich den fünften Sieg im sechsten Liga-Spiel. Towers-Kapitän Will Barnes aus Tuscaloosa in Alabama fand die Unterstützung des Publikums und die Atmosphäre „verrückt“. In der Euphorie träumten einige freudentrunkene Fans bereits vom Aufstieg.

Der Club hat noch nicht mal einen Hauptsponsor

Nach der Niederlage gegen Paderborn spricht niemand mehr vom direkten Aufstieg in die Basketball-Bundesliga. Von offizieller Towers-Seite ist dieser – je nach Gesprächspartner – ohnehin kein Thema oder hat zumindest keine Priorität. Man wolle sich erst mal etablieren und entwickeln, so das Mantra des Managements um Willoughby und den früheren Bundesligaspieler Pascal Roller. Rückschläge auf und neben dem Spielfeld nimmt der Neuling als Teil seines Reifeprozesses in Kauf. Wie zum Beispiel, dass es bislang keinen Hauptsponsor gibt. Auf den Trikots steht einstweilen nur „More than Basketball“.

Einen Gewinner hatten die Towers aber sogar an diesem Abend wieder in ihren Reihen: die neue, fast fertig umgebaute Inselpark-Halle. Der Hallensprecher bezeichnete sie liebevoll als „unser Wohnzimmer“. Dass sie irgendwie auch sein Wohnzimmer ist, demonstrierte Marvin Willoughby eine Stunde vor Anpfiff, als er mit einem Wischmopp über den Court spazierte. Der glänzende Parkettboden, auf dem gespielt wird, war ihm bereits eine Spur zu staubig.

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