Basketballcoach Trinchieri hat mehr vor: Bamberg bangt um seinen Mourinho

Die Franken kämpfen gegen Žalgiris Kaunas um den Einzug in die Playoffs der Euroleague. Den wichtigeren Kampf haben sie fast schon verloren.

Ein Mann, Andrea Trinchieri, und ein Basketball

Hat eine genaue Vorstellung vom Spiel: Bambergs Trainer Andrea Trinchieri Foto: dpa

BERLIN taz | Wenn sich Andrea Trinchieri aufregt, zelebriert er dies mit einer gewaltigen Gestik. Er fuchtelt mit den Armen und hüpft ganz unorthodox durch die Coaching-Zone. Spielen seine Bamberger Basketballer so, wie er sich das vorstellt, fuchtelt und hüpft er ebenfalls. Nur seine Miene ist dann etwas wohlwollender. Generell gilt: Je wichtiger die Partie, umso energischer coacht Trinchieri.

An diesem Freitagabend um 20 Uhr ist also wieder mit einem gestenreichen Auftritt von Trinchieri zu rechnen. Gegen den litauischen Klub Žalgiris Kaunas steht nämlich einiges auf dem Spiel. Kaunas rangiert derzeit auf Platz zehn, Bamberg auf elf, acht Spieltage stehen noch aus. Für die Playoffs qualifizieren sich die top acht – und genau dorthin würde es Trinchieri gerne öfter mal schaffen.

Voraussichtlich wird das auch so kommen. Trinchieri ist ein begabter Sprücheklopfer und darf durchaus als José Mourinho seiner Sportart gelten. Auf die Frage, wer denn Meister werde, hat er mal so geantwortet: „Das Team, das das letzte Spiel der Playoffs gewinnt.“ Wo landet Ihr Team?, wollte der Fragesteller dann wissen. Trinchieris Antwort: „Hoffentlich im letzten Spiel der Playoffs.“

Am letzten Wochenende wurde zwar lediglich die deutsche Pokaltrophäe vergeben, die in Deutschland keinen sonderlichen Stellenwert genießt. Aber gewinnen wollte Trinchieri den Pokal dennoch, schließlich fehlte ihm dieser bislang in seiner Titelsammlung. So kam es denn auch. In einem teils hochklassigen Finale bezwangen die Bamberger den FC Bayern München 74:71. Was er den mitgereisten Fans aus Bamberg noch sagen wolle, fragte eine Radioreporterin anschließend den Pokalsieger-Trainer. Trinchieri posaunte „Grazie!“, lachte herzhaft und schritt weiter.

Der Vertrag läuft bis 2018 – doch das hilft Bamberg nicht

Nach Lage der Dinge wird es einer der letzten Grüße sein, die der Italiener an Bambergs Fangemeinde versendet. Der FC Barcelona und Maccabi Tel Aviv buhlen offenbar um Trinchieri. Dass der Erfolgscoach einem Wechsel nicht abgeneigt ist, hat vor allem mit seiner schon erwähnten Vorliebe für die Euroleague zu tun. Aber er weiß auch vor dem Duell heute gegen Kaunas: Alles Fuchteln und Hüpfen hilft nichts, wenn die Möglichkeiten vergleichsweise recht stark begrenzt sind.

Der Mailänder sieht seine Mission im Frankenland deshalb als erfüllt an; den Übergang nach der Ära Chris Fleming hat er ja maximal erfolgreich gemeistert. Zwei nationale Meistertitel, ein Pokalsieg und die beste Euroleague-Saison, die jemals ein deutsches Team zustande brachte, sprechen für sich. Mehr geht kaum. Das hat das letzte Jahr bewiesen, als Bamberg trotz zauberhafter Leistungen ein Sieg fehlte, um in die Playoffs der europäischen Königsklasse einzuziehen.

Die Trinchieri-Interessenten, der FC Barcelona und Tel Aviv, liegen aktuell in der Euroleague hinter den Deutschen – obwohl sie finanziell viel besser ausgestattet sind. In Bamberg hat Trinchieri noch bis 2018 Vertrag, doch er besitzt eine Ausstiegsklausel.

Andrea Trinchieri

„Ich wurde Coach, weil mein Team einen gebraucht hat. Ich weiß aber nicht, ob sie sich mehr darüber gefreut haben, dass sie nun einen guten Coach haben – oder einen schlechten Spieler weniger.“

„Auf Reise zu sein und neue Menschen kennen zu lernen, sind mir wichtiger als Titel“, sagt der Umworbene. Er gilt als einer, der Teams entwickeln kann und der die Perfektion anstrebt – in einem „nicht perfekten Spiel“, wie er sagt. Wenn dies dann zum Titel führt, ist Trinchieri zufrieden. Die Chancen der Bamberger, ihren Trainer zu halten, sind deshalb gering. Sollten sie nicht deutscher Meister werden, wären sie für Europas Topklasse nicht qualifiziert. In diesem Fall wäre Trinchieri so gut wie sicher weg. Holt Bamberg erneut den nationalen Titel, wäre der Coach zwar zufrieden, er wüsste aber auch um die beschränkten Möglichkeiten in der Euroleague.

Über seine Anfänge als Trainer hat Trinchieri einmal gesagt: „Ich wurde Coach, weil mein Team einen gebraucht hat. Ich weiß aber nicht, ob sie sich mehr darüber gefreut haben, dass sie nun einen guten Coach haben – oder einen schlechten Spieler weniger.“ Aus dem schlechten Spieler ist ein Toptrainer geworden, der in Bamberg Sonderstatus genießt. „Er hat hier eine Komfortzone“, sagt ein Bamberger Verantwortlicher, und: „Er wird entscheiden müssen, ob er das aufgibt, um dann vielleicht ein europäisches Final Four spielen zu können.“ Für die zweite Variante spricht mehr.

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