Basteleien am Rettungsschirm ESM: Schäuble am Hebel

Kaum ist er beschlossen, soll der Rettungsschirm für den Euro (ESM) weiter aufgeblasen werden. Überall aus der EU kommen neue Hiobsbotschaften.

Rettungsring und Rettungs, äh, Dings (Symbolbild). Bild: dpa

BRÜSSEL taz | Die Pläne zur Lösung der Eurokrise werden immer komplizierter – und konfuser. Neben dem umstrittenen Anleihekaufprogramm der Europäischen Zentralbank (EZB) ist nun auch wieder ein „Finanzhebel“ für den Rettungsschirm ESM im Gespräch. Außerdem könnten die geplanten neuen Hilfen für Griechenland, Spanien und Zypern verschoben und erst im November in einem Gesamtpaket beschlossen werden.

Ursprünglich war geplant, beim nächsten EU-Gipfel im Oktober nur über Griechenland zu entscheiden. Nachdem Kanzlerin Angela Merkel von einem Rausschmiss Athens aus der Eurozone abgerückt war, hatte sich Brüssel auf die Freigabe der nächsten Hilfstranche in Höhe von 31,5 Milliarden Euro vorbereitet.

Danach wollten die Euroretter auch Zypern unter die Arme greifen, das wegen der Griechenlandkrise selbst ins Trudeln geraten war. Und wenn dann auch noch Spanien einen Hilfsantrag gestellt und auf Stützungskäufe der EZB vertraut hätte, wäre die Welt der Euroretter wieder halbwegs in Ordnung gewesen.

Denn dann wären alle großen „Brandherde“ abgesichert; die EU-Politiker könnten sich wieder um grundlegende Reformen wie die geplante Bankenunion kümmern. So sah das Drehbuch jedenfalls noch beim letzten Treffen der EU-Finanzminister vor zwei Wochen auf Zypern aus.

Neuer Hilfsantrag aus Spanien

Doch nun ist plötzlich wieder alles anders. Spanien verhandelt hinter den Kulissen in Brüssel zwar bereits über die Konditionen für einen neuen Hilfsantrag, spielt jedoch auf Zeit. In Griechenland tun sich immer neue Finanzlöcher auf; der Spiegel meldet eine Deckungslücke von 20 Milliarden Euro. Aus Verärgerung ist die internationale Troika am letzten Freitag vorzeitig aus Athen abgereist.

Mit dem Bericht der Aufseher wird nun erst Mitte Oktober gerechnet – wahrscheinlich zu spät für den EU-Gipfel. Auch in Portugal rumort es. Nach massenhaften Protesten hatte die Regierung von Ministerpräsident Pedro Passos Coelho angedeutet, einige besonders umstrittene, mit Brüssel vereinbarte Sparmaßnahmen doch nicht einzuführen.

Und so kommen nun alle möglichen und unmöglichen Ideen und Vorschläge auf den Tisch. Teilweise sind sie schon mehr als ein Jahr alt – wie die Idee, den neuen Rettungsschirm ESM durch einen „Finanzhebel“ schlagkräftiger zu machen. Das hat zwar schon beim letzten Rettungsschirm EFSF nicht funktioniert, doch die Euroretter wollen es offenbar aufs Neue versuchen. Nach Presseberichten soll der ESM mithilfe privater Investoren von derzeit 500 Milliarden Euro auf 2 Billionen Euro aufgeblasen werden.

Umstrittene Aufstockung

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) bestätigte entsprechende Überlegungen, wollte sich jedoch nicht auf eine Zahl festlegen. Allerdings ist eine Aufstockung des ESM, der gerade erst vom Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe unter Auflagen bestätigt wurde, umstritten. Finnland sträubt sich grundsätzlich gegen eine „Hebelung“, und auch in Deutschland regt sich Widerstand: Die Opposition will ein Wörtchen mitreden, die SPD fordert sogar eine neue Bundestagsentscheidung.

Um die Lage zu entschärfen, ging Schäuble am Montag auf die SPD zu: Sollten die Euroländer sich auf eine „Hebelung“ des ESM einigen, werde selbstverständlich auch der Bundestag einbezogen, sagte Finanzstaatssekretär Steffen Kampeter (CDU) der Deutschen Presse-Agentur in Berlin.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.