Bauern gegen Land: Knackpunkte im Knick-Gehölz

Drei Bauern klagen gegen das Land Schleswig-Holstein, weil sie sich durch den Knickschutz eingeschränkt fühlen. Das Gericht gab dem Ministerium Hausaufgaben auf.

Zwischen Naturschützern und Landwirten umstritten: das Knick-Gehölz. Bild: dpa

KIEL taz | Für die einen ist es das schmalste Waldgebiet des Landes, für die anderen eine bessere Hecke, die die wirtschaftlichen Abläufe nicht allzu sehr stören sollte: Der Umgang mit den Knicks gehört zu den zentralen Streitpunkten im Natur und Landschaftsschutz in Schleswig-Holstein. Immerhin prägen die mit Bäumen und Sträuchern bewachsenen Feldsäume mit einer Gesamtlänge von 68.000 Kilometern das Bild des Landes.

Nun klagen drei Bauern – unterstützt von ihrem Verband – gegen einen Erlass der Regierung zum Knickschutz. Eine vorläufige Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts feiern beide Seiten als Etappensieg. Die zentralen Fragen sind dabei weiterhin offen. Umweltschützer fordern, dass der grüne Umwelt und Landwirtschaftsminister Robert Habeck gegenüber dem Bauernverband „Rückgrat zeigt“.

Habeck selbst war nach der mündlichen Verhandlung vor dem Schleswiger Gericht durchaus zufrieden, vor allem aus einem Grund: „Das Gericht hat keine grundsätzlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Knicksaums geäußert.“ Michael Müller-Ruchholtz, der stellvertretende Generalsekretär und Justitiar des Bauernverbandes Schleswig-Holstein, kommentiert trocken: „Interessante Auslegung.“ Denn bis zu inhaltlichen Fragen waren die Richter in der mündlichen Verhandlung gar nicht gekommen – sie setzten das Verfahren aus und gaben dem Ministerium auf, den Erlass nachzubessern. „Wir müssen Hausaufgaben erfüllen“, so Habeck.

„Juristischer Murks“

Die ersten Knicks wurden um 1770 angelegt. Sie dienten als Begrenzung der Koppeln.

Ihre Bedeutung als Lebensraum und Verbreitungswegenetz für die heimische Tier und Pflanzenwelt betonen Naturschützer, aber auch als Windbremse gegen Bodenerosion.

Der BUND beklagt die "quantitativen und qualitativen Verschlechterungen des Knicknetzes".

Der Bauernverband hat dagegen berechnet, dass in Schleswig-Holstein durch den Erlass eine Fläche von 5.500 Hektar an Acker- und Weideland verloren geht.

Seit Juni 2013 gilt der Erlass. Das zuständige Ministerium hatte dafür die Biotopverordnung geändert. Erklärtes Ziel ist, die Knicks besser zu schützen.

Dabei gehe es vor allem um formale Fragen, ergänzt Ministeriumssprecherin Nicola Kabel. Denn zusätzlich zu dem Erlass existiert eine „Verordnung“, die Bauern Dinge erlaubt, die der Erlass verbietet. So wurden die Fristen für das Beschneiden der Knick-Gehölze zugunsten der Bauern erweitert. Es gelte nun also, den Erlass so zu überarbeiten, dass er die neuen Details und Kompromisse enthalte, meint Kabel. Müller-Ruchholtz hat etwas ganz anderes gehört: „Der Erlass ist juristischer Murks.“ Das Gericht habe grundsätzliche Zweifel an entscheidenden Punkten geäußert: „Wenn es – wie die Verordnungen vorsehen – Ausnahmen vom ursprünglichen Erlass geben kann, stellt sich die Frage, ob dessen Regelungen tatsächlich einen angemessenen Eingriff darstellen.“

Der größte Streitpunkt zwischen Land und Bauernverband betrifft die Breite des Saums, also den Abstand, den Landwirte beim Mähen oder Pflügen vom Knick wahren müssen. 50 Zentimeter sieht der ministerielle Erlass vor. Während der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) dies als „großes Entgegenkommen für die Agrarindustrie“ wertet, sehen die Bauern sich „enteignet“ und auf dem eigenen Grund und Boden in der Arbeit eingeschränkt. Der halbe Meter könne sich leicht auf eine weit größere Fläche summieren.

So geht es Uwe Muxfeld aus Nortorf, einer der Landwirte, die derzeit klagen. Der Milchvieh-Halter Muxfeld besitzt viele kleine und von schnell wachsenden Sträuchern umgebene Wiesen. Da die Zweige nur noch alle drei Jahre zurückgeschnitten werden dürfen. Wie oft die Knicks an den Seiten „aufgeputzt“ werden dürfen, ist der zweite große Streitpunkt zwischen Naturschutz und Bauern – und damit für Muxfeld die Frage, ob er den Zaun von Jahr zu Jahr weiter auf die Weide rücken muss. Inzwischen betrage der Rand zwischen Weide und Knick fast zwei Meter: „Damit ist die Fläche früher abgeweidet, die Kühe müssen schneller zugefüttert werden – das kann ja wohl nicht sein“, meint Verbands-Justiziar Müller-Ruchholtz.

Nett, aber ergebnislos

Das Ministerium prüfe nun, für solche Härtefälle – kleine Wiesen, wuchsfreudige Gehölze – Ausnahmen zu schaffen, sagt Nicola Kabel. Sie spricht von „Kompromissen“, die in einer gemeinsamen Arbeitsgemeinschaft Landwirten und Naturschutzverbänden erzielt wurden. „Die Treffen der AG waren immer sehr nett“, so Müller-Ruchholtz.

„Nur Ergebnisse gab es nicht, weil wir uns nicht einigen konnten.“ Denn während die Bauern Verluste an Acker und Weideland und damit wirtschaftliche Einbußen beklagen, sind aus Sicht des BUND die finanziellen Einbußen der Landwirte „minimal bis gleich Null“. Wann das Gericht das Verfahren wieder aufnimmt, steht noch nicht fest.

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