Bauernverband setzt auf Wettbewerb: Das Ende der Idylle

Fallende Preise bedrohen Milchbauern nicht nur in Niedersachsen in ihrer Existenz. Manche Landwirte erwägen, auf Bioproduktion umzustellen.

Und kostendeckend ist sie auch noch: So wie hier sieht Milchviehhaltung fast nirgendwo aus Foto: Patrick Pleul/dpa

HANNOVER taz | Es geht um die Milch, unter anderem: Landwirte und Milchproduzenten fordern bessere Preise für ihre Produkte. „Ruinös“ seien die von Molkereien und Handel diktierten Bedingungen besonders für traditionell arbeitende Höfe, sagte Ottmar Ilchmann von der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) bei einer Kundgebung am Mittwoch vor dem niedersächsischen Landtag. „Während Großbetriebe noch finanziell noch Luft haben mögen, droht vielen kleineren Höfen das Aus“, sagt Ilchmann, der im ostfriesischen Rhauderfehn selbst 60 Milchkühe hält.

Aktuell liegt der Erzeugerpreis pro Liter Milch bei 26 Cent, Tendenz fallend. Um ihre Kosten zu decken, bräuchten viele Landwirte aber 40 Cent oder mehr, so wie sie noch Anfang 2014 gezahlt wurden. Viel zu billig ist auch Schweinefleisch: „Ferkelerzeuger“ etwa machen aktuell pro verkauftem Tier etwa 20 Euro Verlust.

Grund für die bröckelnden Preisel ist die Überproduktion. Mit Blick auf den lange angekündigten Wegfall der Milchquote - also der Menge, die in der Europäischen Union produziert werden durfte - im April haben viele Bauern ihre Tierbestände aufgestockt. Allein in Niedersachsen stieg so die Zahl der Milchkühe zwischen 2010 und 2014 um rund 73.000 auf knapp 850.000 - ein Zuwachs von 8,6 Prozent.

Gleichzeitig wurden die Tiere auf Höchstleistung getrimmt: Die produzierte Milchmenge wuchs um mehr als 14 Prozent auf mehr als 6,6 Milliarden Liter. Abgesetzt werden sollten die auf Märkten wie Russland oder China, aber der Export ist eingebrochen.

„Wenn der Milchpreis fällt, muss die Menge runter“, forderte deshalb die Landesvorsitzende des Bunds Deutscher Milchviehhalter, Johanna Böse-Hartje, von Niedersachsens Landwirtschaftsminister Christian Meyer (Grüne), dem die Landwirte nun ein Positionspapier übergaben. Böse-Hartjes Verband wirbt für eine Regulierung der Milchmengen durch ein „Marktverantwortungsprogramm“: Fallen die Preise wie aktuell durch Überproduktion ins Bodenlose, sollen solche Bauern belohnt werden, die etwa durch den Verzicht auf leistungsförderndes Kraftfutter weniger Milch liefern. Wer hingegen seine Produktion noch steigert, müsste mit Strafzahlungen rechnen.

Die schnelle Schaffung eines Fördertopfs, mit dem die heutige Milchpreiskrise nach einem Konzept des Bunds Deutscher Milchviehhalter bekämpft werden soll, unterstützt auch Minister Meyer grundsätzlich. Dazu sollen 309 Millionen Euro umgelenkt werden, die deutsche Landwirte wegen Überziehung der Milchquote zahlen mussten.

Viele Milchbauern suchen verzweifelt nach Auswegen aus dem ruinösen Preiskampf: „Uns errreichen immer mehr Anfragen konventioneller Betriebe, die auf eine ökologiscche Produktionsweise umstellen wollen“, sagte Bioland-Vorstand Andreas Huber der taz - schließlich bekommen Bauern für einen Liter Bio-Milch noch immer 40 Cent und mehr.

Ganz einfach sei die Umstellung aber nicht, auch das sagt Huber: So müsse eine Kuh zwei Jahre mit teurerem Öko-Futter ernährt werden, bevor ihre Milch unter dem Bio-Label vermarktet werden dürfe. Und nach der Schlachtung gelte ihr Fleisch in jedem Fall als konventionell hergestellt.

Der Bauernverband „Landvolk“, der die Mehrheit der 40.000 Landwirte in Niedersachsen vertritt, setzt dagegen weiter auf Massenproduktion und Export und will am morgigen Freitag in Hannover gegen Meyers Politik demonstrieren: Der Grüne stehe für bürokratische Regulierung und rede mit seiner Kritik an der Massentierhaltung die Landwirtschaft insgesamt schlecht, findet Landvolk-Präsident Werner Hilse.

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