Bautzener Vize-Landrat und die NPD: Sprechen über Flüchtlinge

Der Bautzener Vize-Landrat Udo Witschas unterhielt vertrauliche Kontakte mit der NPD-Kreisspitze. Die waren umfangreicher als bisher bekannt.

Häuser zwischen Bäumen

Von außen schön: Bautzen Foto: dpa

DRESDEN taz | Die vertraulichen Kontakte zwischen dem Vize-Landrat des Landkreises Bautzen, Udo Witschas (CDU), und der NPD-Kreisspitze waren umfangreicher als bisher bekannt. Nach Recherchen des MDR und des Berliner Tagesspiegels empfing Witschas Anfang August nicht nur den inzwischen abgelösten NPD-Kreisvorsitzenden Marco Wruck, sondern eine Woche später auch dessen Nachfolger Jürgen Kühn. Der bestätigte auf Facebook ein 45-minütiges Gespräch, während das Landratsamt nur von einem zweiminütigen kurzen Treffen sprach.

Nach Bekanntwerden der Kontakte hatten die Fraktionen Linke und SPD/Grüne im Kreistag einen Abwahlantrag gegen Witschas gestellt, über den am bevorstehenden Montag in einer Sondersitzung entschieden werden soll.

Neben lockeren Chatkontakten hatten Witschas und Wruck Anfang August zunächst drei Stunden direkt konferiert. Der Vize-Landrat hält den NPD-Funktionär für einen „guten und sachlichen Gesprächspartner“. Es ging um Flüchtlinge in Bautzen, insbesondere um einen mehrfach kriminell gewordenen Libyer, der als Problemfall „King Abode“ bekannt ist. Beide trafen Absprachen für den Umgang mit der Öffentlichkeit. Wegen der Zusammenstöße von Flüchtlingen und Nazis auf dem Bautzener Kornmarkt hatten sich auch Landrat Michael Harig (CDU) und Oberbürgermeister Alexander Ahrens (SPD) schon mit Wruck getroffen.

Als das sehr persönliche Verhältnis des stellvertretenden Landrats zur NPD-Führung Mitte August medial bekannt wurde, entschuldigte sich Witschas für seinen „komplett falschen Ton“ und distanzierte sich formal von der „verfassungsfeindlichen Ideologie der NPD“. Da hatte er aber bereits am 11. August den Wruck-Nachfolger Kühn empfangen. Nach Kühns Angaben ging es dabei nicht nur um die Information über den Personalwechsel an der NPD-Kreisspitze. Über die weiteren behandelten Themen sei Stillschweigen vereinbart worden. Forderungen nach einem Rücktritt seines Stellvertreters lehnte Landrat Harig damals als „unverhältnismäßig“ ab und entzog Witschas lediglich die Zuständigkeit für das Ausländeramt.

Sachsens Ministerpräsident Stanislaw Tillich (CDU), der als Sorbe im Landkreis Bautzen lebt, äußerte sich vor drei Wochen auf taz-Anfrage nicht. Erst jetzt erklärte er im Tagesspiegel-Interview, das Treffen sei „überflüssig“ gewesen, aber zum Glück handele es sich um Einzelfälle. „Man braucht mit der NPD nicht über Deeskalationsstrategien zu reden“, fügte er hinzu. Erst einmal zu schweigen, sei keine Schwäche, sondern die Methode Tillich, kritisierte der Grünen-Fraktionschef Volkmar Zschocke im Landtag. „Es geht darum, die Flanke nach rechts offen zu halten.“

Die Linken-Bundestagsabgeordnete Caren Lay, deren Wahlkreis hier liegt, erwartet von der Sondersitzung des Kreistages am 18. September auch eine Zustimmung von CDU, FDP und Freien Wählern zum Abwahlantrag gegen Witschas. Der habe „nichts begriffen und ist beratungsresistent“. Der sächsische Linken-Landesvorsitzende Rico Gebhardt hält die Ablösung des stellvertretenden Landrats für eine Sache des „demokratischen Anstands“. Der SPD-Kreistagsabgeordnete Sven Scheidemantel stellte im MDR die Glaubwürdigkeitsfrage: „Ein Landkreis macht mit Verfassungsfeinden gemeinsame Sache, das geht überhaupt nicht, das ist völlig unakzeptabel!“

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