Bedeutung der Bauern fürs Klima: Land ist wichtiger als Wirtschaft

Die EU setzt immer noch aufs falsche Pferd: auf Massentierhaltung, hohen Fleischkonsum, den Import von Futter. Das muss sich ändern.

Mähdrescher bei der Ernte

Der Agrarsektor muss akzeptieren, dass er nicht nur Opfer, sondern auch Täter im Klimawandel ist Foto: dpa

Der Weltklimarat IPCC ist ein Mischwesen aus Wissenschaft und Politik. In dem „zwischenstaatlichen Ausschuss zum Klimawandel“ tragen die besten ExpertInnen das aktuelle Wissen über den Klimawandel (übrigens ehrenamtlich) zusammen. Und stimmen dann ihre Zusammenfassung Wort für Wort mit den UN-Regierungen ab. Das bedeutet: Jeder IPCC-Bericht, auch der aktuelle zu Klima und Landnutzung, trägt den Stempel: „Von den Regierungen gelesen und akzeptiert.“ Und genau das ist der Hebel für eine bessere Agrarpolitik.

Denn damit machen sich die führenden Politikerinnen und Politiker weltweit zu eigen, was die Wissenschaft sagt: Landwirtschaft, wie wir sie betreiben, ruiniert den Boden und das Klima, sie gefährdet unsere Lebensgrundlagen und das Überleben anderer Arten und Ökosysteme. Auf der anderen Seite kann eine naturnahe Landwirtschaft aber sehr wohl die Menschheit ernähren, den Boden verbessern, die Artenvielfalt stärken und das Klima sichern.

Wer das nicht nur liest, sondern sogar seine Unterschrift darunter setzt, der legt sich politisch fest. Er oder sie kann dann nicht mehr ein System der industriellen Landwirtschaft unterstützen, das uns all diese Probleme einbrockt. In Europa heißt dieses System „Gemeinsame Agrarpolitik“ (GAP). Es ist unglaublich erfolgreich, wenn es um die Produktion von Masse geht, scheitert aber an der Klasse.

Mit ihm setzt die EU trotz einiger ökologischer Blühstreifen am Rand immer noch aufs falsche Pferd: auf Massentierhaltung, hohen Fleischkonsum, den Import von Futter, für das Wald vernichtet wird. Viel Geld geht an wenige große Höfe, es wird überdüngt, die Natur vergiftet, die Produkte werden im Zweifel billig verramscht.

Eine Debatte über diese Politik steht in Brüssel gerade an. Die neue EU-Kommission wird bald eine neue GAP beschließen müssen – mit genau den Ländern, die gerade den Bericht abgesegnet haben. Das aber heißt für die EU und Deutschland: weg von der Landwirtschaft als kapitalintensivem Großbetrieb hin zu regionalen Kreisläufen.

In der Landwirtschaft muss das Land wichtiger werden als die Wirtschaft. Es braucht eine EU-Politik, die nachhaltiges Vorgehen belohnt. Und wir brauchen PolitikerInnen, die sich nicht zuerst als Lobby der Agrarindustrie verstehen, sondern Steuergelder im Sinne der Forderungen des IPCC verteilen. Vor allem müssen Bauern und Agrarpolitik akzeptieren, dass sie nicht nur Opfer, sondern auch Täter im Klimawandel sind und dass sie für das Problem gute Lösungen anbieten müssen. Und können.

Bei der Vorstellung des IPCC-Berichts in Berlin durch die Ministerien für Umwelt und Forschung fehlte die Agrarministerin. Das Haus von Julia Klöckner habe bei dem Thema nicht die Federführung hieß es. Genau das ist das Problem: Eine Agrarministerin, die ihren Job richtig macht, sollte beim Schutz von Bauern und Klima an der Spitze der Bewegung stehen.

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Jahrgang 1965. Seine Schwerpunkte sind die Themen Klima, Energie und Umweltpolitik. Wenn die Zeit es erlaubt, beschäftigt er sich noch mit Kirche, Kindern und Konsum. Für die taz arbeitet er seit 1993, zwischendurch und frei u.a. auch für DIE ZEIT, WOZ, GEO, New Scientist. Autor einiger Bücher, Zum Beispiel „Tatort Klimawandel“ (oekom Verlag) und „Stromwende“(Westend-Verlag, mit Peter Unfried und Hannes Koch).

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