Befreiungsfeier in Libyen: Gaddafis Leiche wurde doch obduziert

Die Autopsie des Exdiktators soll laut dem Militärrat von Misrata am Sonntagmorgen vorgenommen worden sein. Die vollständige Befreiung des Landes wird der Übergangsrat in Bengasi verkünden.

Gaddafi war noch nicht tot, da lag in Sirt sein Konterfei schon in Scherben. Bild: dapd

TRIPOLIS/KAIRO/MISRATA dpa/afp | Entgegen früheren Ankündigungen ist der Leichnam des getöteten libyschen Machthabers Muammar el Gaddafi doch obduziert worden. Ein Sprecher des Militärrats von Misrata teilte am Sonntag mit, die Autopsie sei am Morgen vorgenommen worden. Ursprünglich sei das nicht vorgesehen gewesen, sagte Fathi Baschaga. "Aber Tripolis hat uns darum gebeten und wir wollen die Dinge korrekt machen", fügte er hinzu.

Libyens Nationaler Übergangsrat hatte zuvor mitgeteilt, dass es keine Autopsie geben werde. Gaddafi war am Donnerstag in seiner Heimatstadt Sirte nach einem NATO-Angriff auf seinen Konvoi offenbar lebend gefangen genommen, dann jedoch unter bislang ungeklärten Umständen getötet worden. Gaddafis Leiche wurde danach nach Misrata gebracht, wo sie in der Kühlhalle eines Einkaufszentrums am Stadtrand ausgestellt wurde.

Die Forderungen aus aller Welt nach einer Klärung der Todesumstände Gaddafis hielten unterdessen an. Nach Angaben des Übergangsrats starb er bei einem Kreuzfeuer zwischen seinen Anhängern und seinen Gegnern. Anderen Berichten zufolge wurde Gaddafi Opfer eines Lynchmords.

Die Leichen Gaddafis und seines Sohnes Mutassim sollen zudem an Angehörige übergeben werden statt wie ursprünglich geplant, an einem unbekannten Ort vergraben zu werden. Libyens Nachbarland Algerien weist Gaddafis zweite Ehefrau Safija sowie Tochter Aischa und weitere Familienangehörige aus. Nach Medienberichten würden letzte Einzelheiten noch mit einem nicht näher bezeichneten Golfstaat geklärt.

Gaddafi ist nach einem Spiegel-Bericht offenbar mit deutscher Geheimdiensthilfe aufgespürt worden. Seit Wochen schon sei dem Bundesnachrichtendienst (BND) der genaue Aufenthaltsort Gaddafis in dessen Heimatstadt Sirte am Mittelmeer bekannt gewesen, schreibt das Nachrichtenmagazin. Der BND dementierte den Bericht am Samstagabend. Der BND habe nicht gewusst, dass sich Gaddafi am besagten Tag in Sirte aufgehalten habe, sagte BND-Sprecher Dieter Arndt der Nachrichtenagentur dpa. "Die Geschichte ist eine freie Erfindung."

200 Millarden Dollar beiseite geschafft

Unterdessen beginnt in Libyen am Sonntag nunmehr auch offiziell eine neue Ära. Nach dem Tod von Ex-Diktator Muammar al-Gaddafi will der Vorsitzende des Übergangsrates, Mustafa Abdul Dschalil, am Sonntagnachmittag in Bengasi die vollständige Befreiung seines Landes verkünden. Nicht bekannt war, ob zu den Feierlichkeiten auch Politiker aus dem Ausland erwartet wurden. Bei einer Konferenz in Jordanien sagte Übergangs-Regierungschef Mahmud Dschibril, der Sturz Gaddafis habe zur Wiedergeburt des nordafrikanischen Landes geführt, doch werde der Wiederaufbau eine sehr schwierige Aufgabe sein.

Nach der Feier soll binnen 30 Tagen eine provisorische Regierung gebildet werden. Diese solle dann bis Juni 2012 Wahlen zu einer verfassungsgebenden Versammlung vorbereiten, kündigte Dschalil an. Dieses Gremium wiederum soll eine Verfassung ausarbeiten, auf deren Grundlage dann innerhalb eines Jahres ein Parlament und ein Präsident gewählt werden.

Für Aufsehen sorgte zwei Tage nach dem Tod Gaddafis die Nachricht, dass der Ex-Diktator angeblich ein Vermögen in Höhe von mehr als 200 Milliarden Dollar (144 Milliarden Euro) beiseite geschafft hat. Dies sei doppelt soviel, wie westliche Regierungen bisher angenommen hätten, meldete die Washington Post am Samstag unter Berufung auf hochrangige libysche Offizielle.

In die Affäre um die Lieferung von modernen deutschen Sturmgewehren vom Typ G36 an Gaddafi hat sich jetzt die deutsche Justiz eingeschaltet. Nach Informationen von Bild am Sonntag geht die Staatsanwaltschaft Stuttgart dem Verdacht illegaler Rüstungsexporte nach. Sie beauftragte das Zollkriminalamt Köln mit den Ermittlungen. Die Bundesregierung hatte 2003 den Export von 600 Sturmgewehren des Typs G36 der Firma Heckler & Koch nach Ägypten genehmigt. Waffen aus dieser Lieferung wurden vor zwei Monaten beim Sturm von Rebellen auf eine Gaddafi-Residenz entdeckt.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.