Begabtenförderwerk für Muslime: Noch mehr Gelder für die Elite

Das neue Begabtenförderwerk Avicenna richtet sich speziell an Muslime. Bis 2017 sollen rund 400 Studenten und Doktoranden unterstützt werden.

Kopftuch zum Talar: Eine Absolventin der Bonner Friedrich-Wilhelms-Universtät. Bild: dpa

BERLIN taz | Er dachte über Logik und Astronomie nach und prägte die europäische Medizin. Die Werke Aristoteles' versuchte er mit dem Glauben an Gott in Einklang zu bringen, genau wie christliche Kirchenlehrer auch: Avicenna war einer der wichtigsten islamischen Gelehrten des Mittelalters – und ist der Namenspatron eines neuen Begabtenförderwerkes für muslimische Studierende, das Bundesbildungsministerin Johanna Wanka (CDU) am Dienstag in Berlin vorstellte.

Entsprechend große Worte fand denn auch Bülent Ucar, Islamprofessor an der Uni Osnabrück und Vorsitzender des neuen Förderwerkes: „Heute ist ein historischer Tag für die vier Millionen in Deutschland lebenden Muslime.“ Bis 2017 will das Avicenna-Studienwerk rund 400 Studierende und Doktoranden in die Förderung aufnehmen. Starten soll das Programm ab dem Wintersemester kommenden Jahres mit zunächst 50 Stipendiaten.

Mit dem Avicenna-Studienwerk gibt es in Deutschland nun 13 Begabtenförderwerke. Die meisten sind parteinah oder konfessionell, mit dem Ernst-Ludwig-Ehrlich-Studienwerk gibt es seit 2009 auch ein jüdisches Förderwerk. Die Auswahl förderwürdiger Studierender übernehmen die Stiftungen selbst; das Geld für die Stipendien kommt aus dem Bildungsministerium.

Die Bundesregierung hat das Stipendienwesen in den vergangenen Jahren kräftig ausgebaut; die Mittel für die Werke sind von 81 Millionen Euro im Jahr 2005 auf jetzt 176 Millionen gestiegen. 25.000 der 2,5 Millionen Studierende werden auf diese Weise gefördert, dazu kommen noch private Stipendien und das halbstaatliche Deutschlandstipendium.

Verdoppeltes Büchergeld zur Wahl

Vorangetrieben hatte den Ausbau noch Wankas Vorgängerin Annette Schavan (CDU), die selbst früher als Begabtenförderin für das katholische Cusanuswerk tätig war. Pünktlich zur Bundestagswahl wird zum 1. September das Büchergeld der Stipendiaten auf 300 Euro im Monat verdoppelt. Das Büchergeld ist der Teil des Stipendiums, der unabhängig von Einkommen und Bedürftigkeit gezahlt wird.

Vor allem die Büchergelderhöhung ist daher umstritten; eine Stipendiateninitiative ruft dazu auf, das Geldgeschenk bedürftigen Kommilitonen zu spenden. Die Sozialerhebung des Deutschen Studentenwerkes zeigte vor kurzem erst eine deutliche soziale Schieflage in der Begabtenförderung. Insgesamt 4 Prozent aller Studierenden bekommen ein Stipendium. Unter den Studierenden aus Akademikerfamilien sind es 5,8 Prozent.

Trotzdem versperrt sich Wanka gegen den Schluss, dass Stipendien denen nützten, die sie am wenigsten brauchen: „Ich sehe es anders“, sagte sie knapp.

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