Begrüßungsgeld in ostdeutschen Städten: Der Osten lockt

Auch Görlitz wirbt in Sachsen nun mit Vergünstigungen um neue Einwohner. In Chemnitz gibt es schon 4.000 Euro für Neubürger – aber nicht in bar.

Das Begrüßungsgeld sollte zunächst Görlitzer wieder in die Innenstadt locken. Bild: imago/Steinach

DRESDEN taz | In Kürze könnte es einen Grund mehr geben, sich in Görlitz an der Neiße niederzulassen. Die ehemalige preußisch-schlesische Beamtenstadt, heute wieder Tor nach Osteuropa, verfügt nicht nur über eine aufwändig sanierte Altstadt und über die vielleicht attraktivste Gründerzeitbebauung Deutschlands. Wie die taz vorab erfuhr, soll am Mittwoch auch ein Begrüßungspaket vorgestellt werden, mit dem die Stadt neue Mieter werben will.

Vorbild ist eine Chemnitzer Aktion, mit der Neubürger einen geldwerten Vorteil von 4.000 Euro erlangen können. Ein ähnliches Paket wollen die Görlitzer vorstellen. Bisher bietet die kommunale Görlitzer Wohnungsbaugesellschaft WBG bereits „Probewohnen“ für einen Sonderpreis in der Innenstadt an.

Sachsen verzeichnete zwar im ersten Halbjahr 2012 dank zahlreicher Rückkehrer erstmals seit 1997 wieder einen leichten Einwanderungsüberschuss von 1.143 Personen. Städte wie Görlitz oder Chemnitz haben aber seit 1990 dramatisch Einwohner verloren. In Görlitz leben mit 55.000 Bewohnern nur noch reichlich zwei Drittel der Einwohnerschaft von 1990, Chemnitz hat rund 72.000 der ehemals 315.000 Einwohner eingebüßt.

Die städtische Grundstücksgesellschaft GGG rief deshalb im April dieses Jahres eine Chemnitz-Card ins Leben. Neumietern erlässt die GGG über drei Jahre sechs Grundmieten. 20 weitere Unternehmen sind ebenfalls beteiligt und gewähren Rabatte bei Energiekosten, Hausratversicherungen, Möbelkauf oder beim Besuch von Sportveranstaltungen.

231 Interessenten

Cash auf die Hand gibt es nicht, aber die Vergünstigungen für die Anmeldung des Erstwohnsitzes in Chemnitz machen insgesamt 4.000 Euro aus. Seit April haben nach Angaben von GGG-Sprecher Erik Escher 231 Interessenten dieses Angebot genutzt, darunter solche aus Kiel, Rostock, Frankfurt und sogar den USA. Eine Verlängerung der Aktion über März 2013 hinaus werde mit den Partnern erwogen. Bei der GGG sollen etwa 2.000 Wohnungen leerstehen.

Das Görlitzer „Wohnen auf Probe“ war zunächst nur darauf angelegt, Bewohner von der Peripherie der Stadt wieder in die sanierten Gründerzeitviertel zu holen, berichtet Prof. Jürgen Sulzer. Der aus Bern in der Schweiz kommende Stadtentwickler hat eine Stiftungsprofessur im „Kompetenzzentrum revitalisierender Städtebau“ inne, das dieses Probewohnen begleitet. Unter Görlitzern fand dieses Probewohnen im Gründerzeitviertel allerdings kaum Anklang.

Erst eine Erweiterung auf regionale und überregionale Werbung, vor allem bei mobilen Bevölkerungsgruppen wie Rentnern oder Künstlern, brachte einigen Erfolg. Bis zu tausend Bewerbungen habe es gegeben, erklärt Arne Myckert, Geschäftsführer der kommunalen Wohnungsbaugesellschaft WBG. Er schätzt aber, dass nicht mehr als 200 Interessenten letztlich auch nach Görlitz zogen, längst nicht alle in WBG-Wohnungen.

Nachahmer im Westen

Den Haupterfolg des Probewohnens sieht Myckert in einem langfristig angelegten Werbeeffekt für die Stadt und in der Bedarfsanalyse für die Art der Sanierung. Mit dem Umzugspaket wird es nun um einen materiellen Anreiz erweitert. Das Beispiel könnte Schule machen. So lockte kürzlich auch ein Düsseldorfer Privatvermieter mit 500 Euro „Begrüßungsprämie“.

Ein gesamtdeutsches Phänomen ist auch der Zuzugbonus für Studierende, wenn sie ihren Hauptwohnsitz am Studienort anmelden. Die Städte profitieren beim kommunalen und beim Länderfinanzausgleich davon. Wolfenbüttel beispielsweise zahlt einmalig 250 Euro, Potsdam 50 Euro pro Semester. Berlin hat sein „Begrüßungsgeld“ für Studenten in diesem Jahr auf 50 Euro gekürzt.

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